Wenn es einen Regisseur gibt, der regelmäßig mit dem Suspense-Meister Alfred Hitchcock verglichen worden ist, dann handelt es sich wohl um den früheren Brian De Palma.
Dessen erste Werke „Sisters“ (1973) oder eben „Dressed To Kill“ (1980) griffen auf so einige markante Motive des „Psycho“-Regisseurs zurück, wie z.B. das Thema des Doppelgängers, die Phobie des Helden und vor allem das Spiel mit Schein und Sein.
Die sexuell unbefriedigte Mutter Kate Miller (Angie Dickinson) verliert sich immer wieder während Tagträumen in Fantasien, in welchen ein Unbekannter wieder Schwung in ihr tristes Leben bringt. So erzählt sie auch ihrem Psychiater Dr. Robert Elliott (Michael Caine, „Die Hand“, „Alfie“,
„Prestige“, „Gottes Werk & Teufels Beitrag“), den sie ebenfalls zu verführen versucht, von ihren imaginären Erlebnissen.
Während eines Aufenthalts in einem Museum wird sie auf einen attraktiven Mann aufmerksam, mit welchem sie, von ihrem Trieb gesteuert, schließlich in ein Taxi steigt und mit ihm Sex in einem Hotelzimmer hat. Allerdings plagen sie aufgrund ihrer Familie schon bald Schuldgefühle und sie entschließt sich, dem Unbekannten noch einen Abschiedsbrief zurückzulassen bevor sie ihn letztendlich verläss
t. Dabei stößt sie auf ein medizinisches Dokument, welches preisgibt dass ihr Sexpartner an einer schweren Geschlechtskrankheit leidet. Fluchtartig verlässt Kate das Zimmer und bemerkt erst im Fahrstuhl auf dem Weg nach unten dass sie ihren Ehering vergessen hat.
Doch als sich die Fahrstuhltür auf dem Stockwerk erneut öffnet, betritt ihn eine mit Sonnenbrille und schwarzem Ledermantel bekleidete Blondine, die Kate mit einem Rasiermesser attackiert und letztlich grausam tötet. Die einzige Zeugin des Mordes ist die Edelprostituierte Liz Blake (Nancy Allen, „Blow Out“, „RoboCop“), die unter Schock reflexartig die Tatwaffe an sich nimmt, was sich als schwerer Fehler herausstellt: So wird sie schließlich von dem abgebrühten Polizeidetektiv Marino (Dennis Franz) für die Hauptverdächtige gehalten. Nur Kates heranwachsender und erfindungsreicher Sohn Peter (Keith Gordon, „Christine“) glaubt an die Unschuld der attraktiven Liz und hilft ihr bei der Suche nach dem Mörder seiner Mutter.
Währenddessen hat Dr. Elliott bereits ein Geständnis des Mörders auf seinem Anrufbeantworter: Es handelt sich um dessen ehemaligen transsexuellen Patienten Bobby, der für die Tat das Rasiermesser des Psychiaters entwendet hat…
Auf den ersten Blick handelt es sich bei „Dressed To Kill“ um einen für heutige Verhältnisse recht konventionellen Psychothriller. Doch es sind die dramaturgischen Feinheiten und die technische Versiertheit De Palmas, die diesen Klassiker auch fast 30 Jahre nach seinem Erscheinen interessant und packend erscheinen lassen. So führt der „Carrie“-Regisseur den Zuschauer durch einfache Tricks und Kniffe immer wieder gekonnt an der Nase herum, bis jener selbst nicht mehr ganz sicher ist ob die Auflösung vielleicht doch nicht ganz so simpel ist.
Ein weiteres Markenzeichen, neben dem bereits angesprochenen Hang zu Hitchcock-Zitaten, ist der Einsatz der „Splitscreen“, die es ihm ermöglicht zwei zeitlich parallele Handlungen in einer Szene zusammenzuführen. Diese Technik ist z.B. bei De Palmas früherem Film „Sisters“ zu dem Zweck eingesetzt worden, einen Mord sowohl aus der Sicht des Opfers als auch des Zeugen darzustellen.
Auch integriert der Regisseur oft traum- bis alptraumhafte Szenen in seine Werke, die das Ganze dann leicht surreal erscheinen lassen. Bei „Dressed To Kill“ soll in diesem Zusammenhang vor allem die Eröffnungsszene unter der Dusche und der brutale Mord im Fahrstuhl, der auch ein wenig von Paul Verhoeven für dessen Thriller „Basic Instinct“ (1992) übernommen worden ist, genannt sein. So wirkt Kates grausame Verstümmlung natürlich äußerst erschreckend, aber De Palma schafft es auch den Zuschauer zum Voyeur zu machen, der sich in gewisser Weise auch von der schockierenden Intensität der Szene angezogen fühlt.
Ansonsten ähnelt der Film in seinem Grundthema sehr dem Hitchcock-Klassiker „Das Fenster zu Hof“ (1954), welcher ebenfalls von einem beobachteten Verbrechen und der anschließenden Jagd nach dem Täter handelt. Auch Ansätze von „Psycho“ (1960) lassen sich gegen Ende ausmachen. Es wäre allerdings Schwachsinn Brian De Palma aufgrund der offensichtlichen Anspielungen einen Mangel an eigenen Ideen zu unterstellen, denn die sind mannigfaltig vertreten. Es handelt sich hier um eine Hommage, nicht um ein Plagiat!
Die Hauptcharaktere des Films (vor allem die Figur der Liz) wirken ein wenig naiv, dabei aber trotzdem sympathisch. Dieses Merkmal lässt sich auch in den meisten Frühwerken des Regisseurs (so auch in „Body Double“, 1984) ausmachen und steigert die Spannung in den Momenten, in welchen sich die Protagonisten in akute Lebensgefahr begeben da man sich recht gut identifizieren kann und oft einfach rufen möchte:
„Nein, tu das jetzt bitte nicht!“
Letztendlich kann man „Dressed To Kill“ als einen nicht unbedingt wahnsinnig populären aber dennoch recht einflussreichen Thriller- und Horrorklassiker bezeichnen, der unter anderem Spuren in anderen Filmen wie „Basic Instinct“ (1992) oder „Color Of Night“ (1994) hinterlassen hat.
Bleibt noch zu sagen dass es der deutsche DVD-Vertrieb MGM leider nicht für nötig gehalten hat, die ungekürzte Version des Films auf den Markt zu bringen. Die FSK hat weder Schnittauflagen verlangt, noch befindet sich „Dressed To Kill“ auf dem Index. Der einzige Grund für diesen traurigen Umstand liegt darin, dass die deutsche DVD der amerikanischen Version entspricht, wobei der Film für ein sogenanntes „R-Rating“ (entspricht einer FSK-Freigabe „ab 16 Jahren“) zunächst einmal unter die Schere gelegt werden musste.
Es fehlt zwar nicht sonderlich viel (< 1 min.), aber ein wenig blöd ist diese Situation schon, vor allem da die Mordszene nun weniger intensiv wirkt.