Die Geschichten um Batman scheinen kein Ende zu nehmen. 71 Jahre lang kämpft nun dieser Superheld mit dunkler Vorgeschichte gegen die Bösewichte in Gotham City. Und dies auf den verschiedensten Medien-Feldern, angefangen von den den Kult auslösenden Comics, TV-Serien, über die ultra-coolen Cartoons bis zu den bombastischen, hoch budgetierten Kinofilm-Adaptionen.
Die bekannteste Kino-Realfilm-Adaption ist bis heute noch
Christopher Nolans psychologisch komplexes Opus Magnum “
The Dark Knight“. Hierin tritt der von Heath Ledger einmalig verkörperte Bösewicht und Psychopath Joker in den Vordergrund und verjagt den moralisch korrekten Guten, Christian Bale, ins dunkle Abseits. Bezeichnend ist dieser letzte Franchise-Film durch die vielen, jedoch virtuos aufgelösten Handlungsstränge und die Überraschung nach Zweidrittel des Films – ein in den Vordergrund rückender neuer Bösewicht, Two-Face, der lediglich einem neuen Plot-Twist dienlich ist, als dass er die gut ausgebaute Dramaturgie verstärkt.
Nolans Film wagt den mutigen Schritt die Batman-Geschichte auf ein tiefenpsychologisches Level zu heben, der Handlung eine epische Länge zu verleihen, das amerikanische Terrorismus-Traumata zu verarbeiten und dem Zuschauer ein anarchistisches, martialisch auslandendes Trümmerfeld vorzuführen, das der edle Batman nur mehr aufräumen darf. Eine Aufgabe die von Anfang an zum Scheitern ve
rurteilt ist.
Schon fast vergessen ist dabei der comichafte, gotisch gehaltene BATMAN-Film von
Tim Burton aus dem Jahre 1982, der die eigentliche Vorlage gebildet hat für den düsteren, zynischen Ton, den dieser Kult seitdem konsequent verfolgt. Tim Burtons Stärken waren das beeindruckende Setting nach dem Vorbild von Fritz Langs "Metropolis", eine lineare Storyline, brillant gezeichnete Figuren, die perfekt besetzt wurden, und die Relativierung des Heldenmythos, da Batman zu einem gespaltenen, neurotischen Burton-Outsider wurde und immer die Screentime mit den psychotischen aber menschlichen Bösewichten teilen musste.
In der Zeitspanne von 1939 (der Geburtsstunde der Batman-Figur) bis 2010 hat der düstere Anti-Held jedenfalls den Olymp der Comic-Helden erobert.
Die Produktionsfirmen DC Comics, Warner Bros. und DC Universe Animated Original Movies führen nun auch im Jahre 2010 das Franchise weiter. Das Erfolgsrezept ist dabei das Vertrauen auf die Wurzeln des Comics: Animation, Action-Lastigkeit und Charaktere-Vielfalt.
Das sind auch die Stützpfeiler von
BATMAN: Under the Red Hood.
Die Handlung setzt ein mit einer Retrospektive des arabischen Schaichs Ra's al Ghul. Dieser erzählt von einem 5 Jahre zurück liegenden Einsatz in Sarajewo, in welchem der von allen gefürchtete Psychopath Joker im Auftrag des Schaichs wiederum das Geschäft zugunsten seiner perversen Spielchen zurück treten ließ und Batmans treusten Gefolgsmann Robin gefangen nahm, folterte und schließlich umbrachte. Batman kam zu spät zu Robins Rettung, der Joker floh und der Held hat seit dem mit einem weiteren Traumata und Schuldgefühl zu kämpfen.
Fünf Jahre später hat sich der Schaich zur Ruhe gesetzt und Gotham City dem Drogen-Lord “
Black Mask“ überlassen. Der in der ganzen Verbrecherszene für seine unkontrollierte Psychopathie geächtete Joker sitzt im Gefängnis und Batman ist immer noch das wachende Auge der Gerechtigkeit in der Stadt.
Alles hat seinen ausgewogenen Lauf, bis ein neuer Schurke auftaucht, die Adjudanten sämtlicher Verbrecher-Köpfe ausschaltet, die Drogendealer um 40 Prozent der Abgaben vom Drogengeschäft erpresst und Batman verspottet, nun seine Stelle als Ordnungshüter und Kontrollinstanz der Verbrecherszene zu übernehmen. Die Rote Haube (“
The Red Hood“) sorgt nun für Furcht und Schrecken in Gotham City.
Der titelgebende Anti-Held muss nun eingreifen und das Chaos bekämpfen. Denn es sterben auf dem blutigen Pfad der Haube viele Kleingangster, der machtsüchtige Oberschurke “Black Mask“ fürchtet um seinen Thron als Verbrecherkönig, erklärt der Roten Haube den Krieg und schickt ein Killerschwadron auf die Fersen des Neulings.
Offenbar ist der Rächer mit der roten Kopfbedeckung keiner Seite zugehörend. Er hat seinen Spaß dabei die Schurken der Stadt massenweise umzubringen, sabotiert aber auch Batmans Mission der Gleichgewichtspolitik. Und ist dabei auch noch mit allen Wassern gewaschen und praktisch unfassbar.
Die Anarchie herrscht in Gotham City und nachdem “Black Mask“ nur ganz knapp einem Attentat von “Red Hood“ entkommt, greift er zu dem denkbar drastischsten Mittel. Er befreit den Joker aus dem Gefängnis, damit dieser die Haube erledigt. Doch der Joker hat ganz eigene Pläne und alte Rechnungen zu begleichen. Alles läuft auf einen Supershowdown zwischen Batman, dem Joker und der Haube hinaus.
Batman: Under the Red Hood macht eigentlich alles richtig in Hinsicht der Elemente eines Comics. Sämtliche Charaktere sind auf ultra-cooles Look gepimpt, haben individuelle übermenschliche Fähigkeiten und liefern sich martialistische, die Stadt in ihren Fundamenten erschütternde Kämpfe und Duelle. Hier gibt es alles was man von der Batman-Reihe kennt: Showdowns in 10 Minuten Abständen, schnelle Action, Verfolgungsjagden zu Luft, zu Wasser und über die Häuser, Streetfights und kreative Gadgets (diesmal nicht nur aus der Batcave-Schmiede - nun haben alle Superschurken dazu gelernt und überraschen den Zuschauer mit individuellen neuen Toys). Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet und nachvollziehbar in ihrer Motivation. Beeindruckend ist dabei wiederum der Irrsinn, sadistische Humor und die Kreativität des Jokers. Doch der Schurke Red Hood liefert ein würdiges Pendant.
Sehr lobenswert sind dabei auch die vielen Plottwists und Flashbacks aus unterschiedlichster Perspektive, die der ohnehin schon sehr actionlastigen, schnell geschnittenen Handlung noch mehr Dynamik und Tiefe verabreichen. Erwähnenswert sind an dieser Stelle auch das Attentat auf Red Hood durch ein Samurai-Killerschwadron und die Geheimwaffe Amazo – eine Art HULK-Monster mit hunderten Geheimwaffen. Hier wird fleißig aus “
Ninja Scroll“ zitiert. Dem bis dato unerreichten japanischen Anime um eine Ninja-Saga.
Zwei Wermutstropfen lassen sich jedoch nicht leugnen. Wie in Nolans Adaption tritt die Hauptfigur und dessen Gespaltenheit in den Hintergrund. Batman darf auch hier eher aufräumen und grade biegen, was sich die Superschurken an Spaß vorher erlaubt haben. Seine primäre Rolle ist eine moralische Abrundung zum Schluss und die Rolle der Kontrollinstanz, die die ausbrechende Anarchie bekämpft. Auch entbehrt der demaskierte Batman im Privatleben sämtlichen Charmes (ganz anders als Michael Keatons Darstellung in Tim Burtons Meisterwerk) und ist eher ein Action-Junkie, der den aus der Ordnungsreihe tanzenden Schurken das Handwerk legen möchte.
Der zweite Minuspunkt ist eher von absurder Natur. Das Design sämtlicher Charaktere wurde offenbar beeinflusst von Recherche-Gängen in Fitness-Studios. Ausnahmslos alle Figuren haben übertriebene Schulterlinien und sind muskelbepackt bis zum Extremen. Selbst Batmans Butler Alfred scheint nach den Tea-Parties gerne seine Langeweile beim Gewichtheben zu vertreiben.
Dennoch all-in-all ist dieser Animationsfilm ein sehr gelungener und unterhalsamer Beitrag für das Comic-Universum. Der Mythos der auftauchenden Comic-Helden wird am Leben erhalten, die Charaktere dürfen sich weiter entwickeln und bis auf die physiologischen Iron Pumping Klischees werden die üblichen Klischees gut umfahren. Die Story ist actiongetrieben und die Visualisierung der Actionszenen ist äußerst beeindruckend. Lange Kamerafahrten statt unübersichtlicher Blitzgewitter-Schnitt, eine Ausnutzung des Raums, einfallsreiche Kamerawinkel und eine dynamische, entfesselte Kamera wie in Sam Raimis “
Spider-Man“-Version sind nur einige wenige der gelungenen visuellen Stilmittel. Hier standen offenbar japanische Meilensteine wie “
Akira“ und “
Ninja Scroll“ Pate. Der Gewaltpegel ist realativ hoch und es spritzt viel Blut. Doch die Gewalt dient der Action und die Action dient dem Plot. Der Plot wiederum verleiht den unterschiedlichsten Figuren Dynamik und Entfaltungsfreiheit. Also in der Hinsicht ein Bravo! an die Verantwortlichen unter der Regie von Brandon Vietti. Am Aufbau einer Atmosphäre wurde gespart, aber dafür dauert der Film auch nur 75 Minuten und wird nie langweilig.
Man könnte sogar soweit gehen zu sagen, dass sich Batman: Under the Red Hood einen Stellenplatz in dem Trikolon der besten Batman-Adaptionen erkämpft hat.
Tim Burtons Version brilliert durch die Kreativität und die düstere, dichte Atmosphäre, Christopher Nolans Dunkler Ritter ist meisterhaft in dem Ausbau des Plots und der Dramaturgie und der Animationsfilm unter der Federführung von Brandon Vietti setzt neue Standards in Sachen Action. So ähnlich was “The Animatrix“ an lückenschließendem visuellem Beitrag für die Matrix-Filme der Wachowski-Brüder geleistet hat.