Der Kinosommer 1996 stand ganz im Zeichen großer Blockbuster.
Während Nic Cage auf Alcatraz grünen Giftgaskugeln hinterhersprang, Bill Paxton die Nase in den Wind hielt und Präsident Pullman die Welt für die gemeinsame Zelebrierung des Unabhängigkeitstages zu begeistern versuchte, bereitete Brian De Palma eine populäre TV-Serie aus den Sechzigern für die Leinwand neu auf.
In Anbetracht der mit Explosionen und Spezialeffekten vollgestopften Konkurrenz, war „
Mission: Impossible“ ein geradezu klassischer Agententhriller, der den spektakulären Actionanteil auf einige dezente Höhepunkte verteilte und sich ansonsten eher auf seinen spannenden Plot konzentrierte.
Der Film war ein Riesenhit an den weltweiten Kinokassen.
Was sagt uns das?
Richtig, eine Fortsetzung musste her.
Das vier Jahre später von John Woo inszenierte
Sequel entpuppte sich allerdings als katastrophale Bruchlandung an allen Fronten:
Tom Cruise, der erneut in seine Rolle als Ethan Hunt schlüpfte, sah mit seiner Langhaarfrisur auf einmal mehr wie ein schmieriger Pornodarsteller, als wie ein hochqualifizierter Geheimagent aus.
Die völlig over-the-top geratene, bierernste Action ersäufte jeden halbwegs interessanten Storyansatz abwechselnd in brutalen Kloppereien und Schießereien.
Mission: Gescheitert – jedoch nicht, was die Zuschauerzahlen anging.
Die Reihe wird weitergehen, das stand fest.
„Lost“-Ko-Schöpfer J.J. Abrams war dann der Glückliche, der mit „
Mission: Impossible III“ (2006) Wiedergutmachungsarbeit für die Fans des Originals leisten durfte – sofern diese nach dem vorherigen Reinfall überhaupt noch daran interessiert gewesen sind.
Das Resultat war ein kleiner Schritt zurück in die richtige Richtung - gut war der Film deshalb allerdings noch nicht.
Wieder zu viel
Krawumm, zu wenig Spannung...und zu wenig Witz.
Wirklich ernst nehmen konnte man die
unmöglichen Missionen nach dem zweiten Eintrag schließlich nicht mehr.
Warum also nicht gleich die abenteuerlichen Einsätze der
IMF-Mitglieder mit einer größeren Portion Selbstironie ausstatten?
So kommt man sich als denkender Zuschauer im Kino zumindest nicht permanent veräppelt vor, wenn einem gerade ein Haufen von offensichtlichem Quatsch aufgetischt wird.
Spass kann man daran ja trotzdem haben, wenn der Unsinn einem dann wenigstens mal zuzwinkert...
Die Gegenwart.
Brad Bird, der mit seinen Pixar-Werken „
Die Unglaublichen“ (2004) und „
Ratatouille“ (2007) gigantische Animationserfolge feierte, ist eine ausgezeichnete Wahl für den Regieposten bei „Mission: Impossible - Phantom Protokoll“ gewesen.
Auch ohne bunte Superhelden oder sympathische Gourmet-Ratten, hält der Realfilm-Neuling an seinem bewährten Konzept fest, dem Publikum einfach eine kurzweilige Achterbahnfahrt zu servieren, die den Stress des Alltags über die Laufzeit vergessen lässt.
Sein „Phantom Protokoll“ startet müde, schaltet aber dann nach den verzichtbaren, ersten zwanzig Minuten langsam die Gänge höher und hält schließlich sein Niveau auf einem konstant unterhaltsamen Level.
Dieses Mal müssen Hunt (natürlich wieder von Tom Cruise verkörpert) und seine Kollegen, die attraktive Agentin Jane Carter (Paula Patton, „
Mirrors“), der schrullige Tüftler Benji Dunn (Simon Pegg, „
Shaun of the Dead“) und der unfreiwillige Neuzugang William Brandt (Oscar-Nominee Jeremy Renner, „
Tödliches Kommando“), zugleich den irren Terroristen „Cobalt“ (Michael Nyqvist, „
Verblendung“) von einem verheerenden Nuklearangriff abhalten und das Ansehen des
IMF-Teams, welches fälschlicherweise für eine Detonation im Moskauer Kreml verantwortlich gemacht wird, wiederherstellen.
Da der US-Präsident das sogenannte
Phantom Protokoll, welches besagt, dass das gesamte Team von nun an verleugnet wird, aktiviert hat, und auch ihr Leiter (Tom Wilkinson, „
Michael Clayton“) einem brutalen Attentat zum Opfer fällt, sind die Spezialisten bei ihrer brisanten Mission ganz auf sich allein gestellt.
Die Zeit drängt, denn schließlich wechseln dieses Mal gefährliche Abschusscodes die kriminellen Hände, welche mit diesen absolut nichts Gutes im Sinn haben...
Zunächst das Auffälligste:
„Mission: Impossible - Phantom Protokoll“ ist deutlich humorvoller als seine drei Vorgänger ausgefallen.
Auch wenn das Werk in Sachen Spannung De Palmas Original in keinster Weise das Wasser reichen kann, macht Brad Birds Arbeit zumindest über weite Strecken Spass.
Spass insofern, dass man sich über den dargebotenen Schwachsinn und die an den Haaren herbeigezogenen Spielzeuge der Protagonisten nicht ärgert, sondern – im Gegenteil – das Hochglanz-Spektakel mit einem wohlwollenden Grinsen quittiert und sich nicht selten fühlt, als befände man sich in einem, mit echten Schauspielern umgesetzten, Trickfilm des Regisseurs.
Wenn sich Tom Cruise beispielsweise später in einem gigantischen Parkhaus humpelnd mit dem Oberschurken um einen Koffer rangelt, könnten die beiden Feinde ebensogut zwei Comicfiguren sein, die sich um ein deutlich weniger wichtiges Objekt, als einen Nuklearraketen-Zünder, streiten.
Klar sollte sein, dass „M:I 4“ keinen Wert auf inhaltliche Originalität oder echte Überraschungen legt.
Das hier ist eine absolut professionelle, glatte Hollywood-Produktion, die, ohne den geringsten Zweifel, in erster Linie entstanden ist, um das Konto des Studios und das der Produzenten zu füllen.
Darüber wundern sollte man sich nicht, denn eigentlich ist das bei erfolgreichen Franchises doch immer so.
Und auch „Phantom Protokoll“ wird ordentlich Geld in die Kinokassen spülen, so viel dürfte bereits sicher sein.
Es sei dem Werk, das neben einer schwindelerregend umgesetzten Kletteraktion an der Fassade des Burj Khalifa, einer Verfolgungsjagd mitten durch einen Sandsturm und einem gewagten Einbruch durch einen tiefen Schacht noch weitere nette Einfälle enthält, vergönnt.
Schließlich erfüllt das Ergebnis so ziemlich alle Anforderungen, die man wohl mitbringt, wenn man im Kino ein aufwendiges, anspruchsloses Actionabenteuer bestaunen möchte:
Hochkarätige, wenn auch insgesamt unterforderte, Darsteller, von Oscar-Preisträger Robert Elswit („
There Will Be Blood“) schön eingefangene Schauwerte von Moskau bis Dubai und vor allem...die richtige Mischung aus sanftem Nervenkitzel und Witz.
Ein Höhepunkt jagt den nächsten.
Meine persönliche Lieblingsszene ist übrigens die, wenn Ethan Hunt und Benji Dunn im Kreml einen Wachmann mit einer riesigen Leinwandprojektion aufs Kreuz legen.
Was einem dort präsentiert wird, ist natürlich wieder sagenhafter Unfug - aber ich bin ja schließlich auch ins Kino gegangen, um mir den nunmehr vierten „Mission: Impossible“ anzuschauen.
Da machen, dem Titel folgend, unmögliche Momente fast schon Sinn...