„No matter how many times you save the world, it always manages to get back in jeopardy again. Sometimes I just want it to stay saved! You know, for a little bit? I feel like the maid; I just cleaned up this mess! Can we keep it clean for... for ten minutes!“
Ja, auch Superhelden durchleben bisweilen Tage, die gar nicht mal so sonderlich super sind. Mal kneift der hautenge Anzug, dort verheddert sich das schmucke Cape – gegen Alltagssorgen können selbst die tollsten Fähigkeiten nichts, aber auch rein gar nichts ausrichten. Richtig dicke kommt es jedoch erst dann, wenn sich die zu rettende Kundschaft auf einmal nicht mehr mit dem Retten einverstanden erklärt.
Wie überaus undankbar! Da sind tagein, tagaus mit Superkräften ausgestattete Individuen im Namen von Recht und Ordnung unterwegs und immer dann zur Stelle, wenn Not am (Ehe-, Feuerwehr- oder sonst was-) Mann ist, und urplötzlich stört sich der Otto-Normalbürger unter anderem an den dabei vereinzelt zu Bruch gehenden Bauten. Man kann es wahrlich übertreiben! Doch heldenhaftes Gejammer hin, muskelspannendes Gezeter her – es kommt schließlich so wie vieles, nämlich anders und als man denkt:
Die Regierung der schönen Stadt Metroville ist nämlich plötzlich nicht mehr willens, die Kosten der anrollenden Klagewelle zu übernehmen, und verbietet kurzerhand jedem Superhelden, seinem „Beruf“ nachzugehen. Bob (körperlich seinem de
utschen Synchronsprecher Markus Maria Profitlich nachempfunden) und Helen Parr, normalerweise unter den Decknamen „Mr. Incredible“ und „Elastigirl“ bekannt, sind einige von vielen, die nun dazu verdonnert werden, ihre Anzüge gegen Schürzen und schnödes Jackett einzutauschen und ein – gemessen an ihren angeborenen Fähigkeiten – „normales“ Dasein zu fristen. Unauffällig sein, lautet die Devise, und die erweist sich als durchaus schwierig, wenn man sein bisheriges Leben komplett auf das Erretten holder Hofdamen oder das Bekämpfen bösartiger byzantinischer Bombast-Bisons oder mutierter Monster-Makrelen ausgerichtet hat.
Ob Bob Parr jemals gegen diese niedlichen, der lebhaften Phantasie eines kleinen Kritikers entsprungenen Zeitgenossen gekämpft hat, konnte leider selbst aufwendigste Recherche nicht belegen. Dennoch nagt etwas in Bobs Unterbewusstsein, weshalb er die ein oder andere Nacht klammheimlich mit seinem Helden-Kumpel Frozone (überraschend gute Leistung von Kai Pflaume als deutscher „Ersatz“ für Samuel L. Jackson!) auf Helden-Tour geht. Jeden Tag eine gute Tat, gewissermaßen. Doch die verdeckten Aktionen bleiben eines Nachts nicht unbemerkt. Plötzlich kontaktiert ein gewisser Syndrom den ehemaligen Superhelden und bietet ihm einen Deal an, den dieser nicht ablehnen kann. Natürlich bezahlt, um nicht zu sagen
besser bezahlt als Bobs derzeitiger Schreibtischjob, den dieser daraufhin an den Nagel hängt. Ein Kampfroboter namens Omnidroid, der sich aufgrund einer Fehlfunktion verselbstständigt hat, soll wieder eingefangen werden. Noch ahnt Bob freilich nicht, was wirklich hinter der ganzen Sache steckt. Ebenso wenig, dass bald nicht nur seine gesamte Familie nebst Super-Kindern gewaltig in der Patsche sitzt, sondern alle Superhelden dieser unseren Welt. Ein unglaubliches Abenteuer bahnt sich an...
Pixar legte mit
„DIE UNGLAUBLICHEN“ nach den Hits „Toy Story“ [1995], „Das große Krabbeln“ [1998], „Toy Story 2“ [1999], „Die Monster AG“ [2001] und „Findet Nemo“ [2003] den schon sechsten komplett an den Computern der Erfolgsschmiede kreierten Animationsfilm vor. Doch anders als bei den putzig-drolligen Vorgängern, die mit Kulleraugen- und „Will streicheln!“-Charme vor allem die ganz Kleinen angesprochen haben werden, ist die Ausgangslage in
Brad Birds („
Ratatouille“ [2007]) Animationskomödie eine völlig andere. Bis auf die riesigen Kulleraugen des Familie Incredible-Nachwuchses werden die Kleinen hier nämlich nicht viel finden, was ihnen ein „Oh“ oder „Ah“ entlockt. Nun sind es plötzlich mehr oder weniger normale Menschen, die sich über die gesamte Laufzeit des Spektakels mit Ihresgleichen abmühen müssen. Niedliche Clownfische oder einäugige Monster mit Kleinkindphobie sind hier Mangelware. Warum?, mag man sich zurecht angesichts der bisher erzielten Einspielergebnisse fragen, war es doch gerade „Findet Nemo“, die drollige Fisch-Mär, welche nach neun Jahren Disneys Meisterwerk „
Der König der Löwen“ [1994] vom Thron des erfolgreichsten Animationsfilms aller Zeiten stürzte. Fährt
Pixar etwa plötzlich auf anderen Gleisen, neben der sonst so gewinnträchtigen Erfolgsspur? Wurden die Weichen absichtlich verstellt?
Um es gleich vorweg zu sagen: Nein. Selbstredend nicht. Auch im sechsten Anlauf bleibt die Erfolgsschmiede ihrem Credo treu, dem Zuschauer neben einer überaus pfiffigen Geschichte und tadelloser Animation Charaktere zu präsentieren, die hier zwar weder flauschig, puschelig noch schuppig sind, nichtsdestotrotz einen unnachahmlichen Wiedererkennungswert aufweisen. Vielleicht liegt dies in dem Umstand begründet, dass bereits 2004 Superhelden-Realverfilmungen schon bis auf einige Ausnahmen wenig Innovatives boten und vielerorts als „Produktionen von der Stange“ abgetan wurden. Eine Parodie auf das Genre, das über von Spinnen gebissenen Milchbubis bis hin zu nächtlichen Rächern so ziemlich alles Denkbare mehr oder minder erfolgreich hervorgebracht hat, könnte da durchaus interessant sein. Und so sollte es letztlich auch sein. Die Idee, Alltagsprobleme mit den ansonsten so übermenschlich und wenig verletzlich wirkenden Protagonisten zu verknüpfen, um so den anhaltenden Superhelden-Boom gekonnt liebevoll auf die Schippe zu nehmen, wirkt auch vier Jahre nach Erscheinen des Films noch überraschend frisch und unverbraucht.
„DIE UNGLAUBLICHEN“ kann sich also ruhig damit rühmen, eines der wenigen Werke zu sein, das das Leben eines Superhelden wenig super, sondern vielmehr als von menschlichen wie auch zwischenmenschlichen Problemen durchtränkte Angelegenheit präsentiert. Immer mit einem Augenzwinkern, immer mit einer großen Portion Ironie.
So ist das unglaubliche Geschehen wohl auch der bisher erste und einzige Pixar Studios – Film, an dem die Großen mehr Spaß haben als die ganz Kleinen. Letztere werden mit dem trockenen Humor und den amüsanten Anspielungen auf James Bond, Superman und Konsorten nicht sonderlich viel anfangen, geschweige denn diese überhaupt als solche wahrnehmen können. Ein kleiner Makel, freilich. Doch das sollte keinen Animationsfilm-Fan – egal, ob Groß, ob Klein – davon abhalten, das Werk zu sichten. Es entginge einem nämlich sonst ein wunderbar inszeniertes Action-Feuerwerk, das – trotz der in der zweiten Hälfte vorherrschenden Wucht – im Ganzen betrachtet gekonnt den Spagat zwischen leisen und lauten Tönen meistert.
„DIE UNGLAUBLICHEN“ macht trotz seiner immens langen Laufzeit von 111 Minuten und der vergleichsweise vorhersehbaren Geschichte schlicht und ergreifend Spaß. Kein Überflieger, aber Unterhaltung pur auf höchstem (technischen) Niveau. Dass die gut ein halbes Jahr später startende und zumindest vom Thema her ähnliche Comicverfilmung „
Fantastic Four“ [2005] ziemlich kurzfristig noch mal in die Post-Produktion geschickt wurde, um die Effekte denen der „Unglaublichen“ anzugleichen, soll hier nur noch beiläufig Erwähnung finden. Ebenso, dass es bei einem Versuch bleiben sollte. Dann doch lieber Probleme mit zwickenden Anzügen und kurzzeitig verhedderten Capes, wenn überhaupt.