Sunset Boulevard ist eine jener Straßen in L.A., in der die Villen großer Filmstars, Produzenten und Drehbuchautoren stehen. Joe Gillis (William Holden), ein Journalist und erfolgloser Drehbuchautor, würde für den finanziellen Erfolg in Hollywood und damit den Einzug in eines dieser prächtigen Häuser alles tun. Durch einen Zufall gelingt es Joe auch in einem dieser riesigen Anwesen am Sunset Boulevard zu wohnen - jedoch anders, als er sich das in seinen Träumen ausgemalt hat.
Joe ist auf der Flucht vor Geldeintreibern, die sein Auto pfänden wollen und so versteckt er dieses in der Garage einer scheinbar zerfallenen und verlassenen Villa am Sunset Boulevard. Doch das Haus ist alles andere als verlassen! In ihm wohnt die alternde Stummfilmdiva Norma Desmond (Gloria Swanson). Normas Karriere hat mit dem Aufkommen des Tonfilms ein jähes Ende gefunden, dennoch glaubt sie immer noch so beliebt und berühmt wie früher zu sein und plant ein grandioses Comeback mit einem, ihr auf den Leib geschriebenen, Drehbuch.
Als Joe sein Auto aus dem Versteck holen will, wird er von Normas mysteriösen Diener, Max von Mayerling (Erich von Stroheim), entdeckt und zu Norma gebracht. Diese hält Joe erst für den Leichenbestatter, der ihren verstorbenen Schimpansen beisetzen soll (ja, Norma Desmond erinnert in ihrem Wahnsinn schon etwas an den verwirrten Michael Jackson), als sie jedoch erfährt, dass Joe Drehbuchautor ist beschließt sie ihn als Ghostwriter für ih
r Drehbuch zu engagieren. Joe hält Norma für vollkommen überdreht und das Drehbuch für viel zu ausschweifend und lang. Dennoch hofft er mit dem Drehbuch Geld verdienen zu können und geht so auf Normas Vorschlag ein. Er willigt sogar dazu ein, vorübergehend bei ihr einzuziehen, um seiner momentan, finanziell misslichen Lage zu entkommen.
Norma und er befriedigen sich gegenseitige ihre ausufernden Illusionen von einem traumhaften Leben in Hollywood. Währendem Joe darauf hofft, mit dem von ihm umgeschrieben Drehbuch, Ruhm und Reichtum zu erlangen, führt ihm Norma die Stummfilme vor, in denen sie jung, schön, berühmt und begehrt war. Schon sehr bald kann sich Joe daher nicht mehr aus Normas Fängen befreien und ist in einem Netz aus Habgier und Ehrgeiz gefangen. Er lebt von Normas Geld, trägt die Kleidung, die sie ihm gekauft hat und nimmt sogar das Zimmer des Ehemanns, neben ihrem, ein. Joe wird zu Normas Gigolo und macht sich ihren Wahnvorstellungen zu Willen. Damit ersetzt sozusagen den Schimpansen, der er bei seiner Ankunft beerdigt wurde.
Nur manchmal schleicht sich Joe aus dem Haus, um sich mit Betty (Nancy Olsen) zu treffen. Betty ist mit Joes bestem Freund verlobt und dem Glanz Hollywoods ebenso verfallen, wie er. Eigentlich wollte Betty Schauspielerin werden und ließ sich deswegen sogar die Nase operieren (ja, das gab's damals auch schon!). Aus der Schauspielkarriere wurde jedoch nichts und so arbeitet sie als Lektorin bei Paramount und träumt von einer Karriere als Drehbuchautorin.
Doch selbst, als Betty ihm zu verstehen gibt, dass sie etwas für ihn empfindet kehrt Joe wieder zu Norma zurück. Joe kann und will nicht auf Normas Geschenke verzichten, auf die auf goldene Zigarettenetuies, teueren Mäntel und seinen Status als Geliebter, außerdem ist Betty bei weitem nicht so glamourös und aufregend wie Norma. Selbst als seine Arbeit an dem Skript beendet ist, bleibt er bei Norma.
Erst als sie ihm, nach wochenlangen Schönheitsprozeduren, auf einer, eigens für ihn veranstalteten, Sylvesterparty ihre Liebe gesteht, flüchtet Joe – nur um abermals zu Norma zurückzukehren, als er erfährt, dass sie sich die Pulsadern aufgeschnitten hat.
Norma glaubt nun, dass Joe ihr endgültig verfallen ist und so startet Joe seinen letzten, verzweifelten Befreiungsversuch, den er jedoch mit seinem Leben bezahlen wird. Er wird von Norma niedergeschossen und stirbt schließlich in dem Swimming Pool, den er selbst immer besitzen wollte.
Damit schließt sich die Erzählung von Sunset Boulevard, wie sie begonnen hat – mit dem toten Körper, eines im Pool treibenden Mannes. Allerdings weiß der Zuschauer zu Beginn des Films noch nicht, dass es sich bei der, mit dem Gesicht nach unten treibenden, Leiche um Joe handelt, der im selben Moment als Erzähler der Geschichte einsetzt. Joe erzählt seine Geschichte damit aus dem Totenreich heraus - ein letzter, verzweifelter Akt, um sich Gehör zu verschaffen.
Sunset Boulevard ist damit sicherlich eine der bizzarsten Tragödien der Filmgeschichte und porträtiert gleichzeitig, voller schwarzem Humor, die dunkle Seite Hollywoods. Dies wird besonders deutlich in der absurden Schlussszene, in der Norma ihre eigene Verhaftung von ihrem Diener Max als Szene aus einem ihrer Filme inszenieren lässt.
Ebenso verstörend ist aber auch jene Szene, in der Norma und Joe gemeinsam einen von ihren Stummfilmen schauen. Während Norma fast vor Erregung über ihr jugendliches Antlitz vergeht, kann und will Joe seine Langweile und Geringschätzung über den Film nur schwer verbergen. Bei dem Film, den sie da sehen und in dem tatsächlich die junge Gloria Swanson der Star ist, handelt es sich um Queen Kelly (1928) von Erich von Stroheim, der in Sunset Boulevard Normas Diener, Ex-Ehemann und Ex-Regisseur spielt.
Damit spiegelt Sunset Boulevard das echte Leben der Darsteller der fiktiven Figuren des Films wieder. Gloria Swanson war tatsächlich ein Stummfilmstar, deren Popularität mit Beginn des Tonfilms stark zurückging. Auch verhalf Cecil B. DeMille, den Norma am Set von Samson & Delilah besucht (dessen Dreh damals tatsächlich gerade stattfand), Gloria Swanson mit dem Film Regeneration (1916) zum Durchbruch ihrer Karriere.
Des weiteren treten auch andere Stars des Stummfilms auf, die Probleme mit dem Übergang zum Tonfilm hatten, wie z.B. Buster Keaton, der hier eines der wenigen von ihm auf der Leinwand gesprochenen Worte von sich gibt.
William Holden dagegen war, vor seiner Rolle als Joe Gillis, nur ein kleiner, unbedeutender Vertragsschauspieler bei Paramount, der erst durch Sunset Boulevard Berühmtheit erlangte.
Damit gelingt es Wilder in Sunset Boulevard, auf ebenso perfekte wie perfide Weise, Fiktion und Realität miteinander zu vermischen, genau so, wie dies in Hollywood allgemein der Fall zu sein scheint. Dort kann niemand mehr zwischen Realität und Film trennen, zwischen Filmrolle und wahrer Person – jedenfalls gibt uns der Film dies vor.
Ebenso wie Norma am Schluss nicht mehr zwischen ihrem eigenen Haus und einer Filmkulisse unterscheiden kann, wird auch der Zuschauer in einem Konflikt zwischen Illusion und Wirklichkeit gefangen genommen, da es für ihn fast unmöglich ist zwischen den realen Personen und den fiktiven Figuren zu unterscheiden.
Vermutlich ist der Film auch deshalb so großartig gespielt und gerade deshalb so nahe an einem scheinbar tatsächlich greifbaren Wahnsinn, der sich in jener Schlussszene in den Augen Norma Desmonds spiegelt.
Sunset Boulevard gewann 3 Oscars und ist Film Noir, Tragikkomödie und Horrorfilm in einem. Damit erinnert der Film nicht nur an Citizen Kane oder Whatever Happened To Baby Jane, sondern auch an akutellere Werke wie Lynchs Mullholland Drive.