Ein Gentleman sollte sich jeder Herausforderung stellen. Auch, wenn es sich darum handelt, mehrere Absätze zu einer Komödie zu texten, zu der einem eigentlich nur zwei Worte einfallen: "Sagenhaft unlustig"? Aber ja.
Das DVD-Cover ist ein wenig frech, gaukelt es uns doch mit aktuellen Bildern von John Cusack und Tim Robbins vor, daß TAPEHEADS keinesfalls aus dem Jahre 1988 stammt, wo die beiden noch sehr jung waren und neben ersten Erfolgen auch jede Menge Unfug gemacht haben. Die beiden spielen hier zwei Freunde, die sich vornehmen, großartige Musikvideos zu machen und damit reich und berühmt zu werden - Tim Robbins ist das verkannte Video-Genie, John Cusack der Produzent mit ausreichend Chuzpe.
Primär versteht sich TAPEHEADS als Satire auf MTV und dessen Musikvideos (Regisseur Bill Fishman hat selbst über 30 Musikvideos gedreht). Ex-Monkees-Gitarrist Michael Nesmith hat produziert, es gibt diverse Gastauftritte von Stars und Musikern: Jello Biafra (von den Dead Kennedys), Zander Schloss (von den Circle Jerks), Weird Al Yankovic (in einer endlos weit entfernten Totalen und bis auf ein paar Sekunden von hinten), Ted Nugent, Doug E. Fresh, und so weiter und so fort. Gehofft haben die Macher sicherlich auf eine Mischung aus BLUES BROTHERS und dem anarchischen Punk von REPO MAN (den Nesmith auch produziert hat) - herausgekommen ist eine Ansamml
ung von faden Witzen, die sich für clever hält und doch meilenweit an jeder Pointe vorbeischießt.
Da gibt es also zunächst mal eine Reihe von Musikvideos, die Cusack und Robbins drehen: Zum Beispiel ein Hiphop-Video für einen Fast-Food-Laden im Stil von Colonel Sanders, das nicht nur aufdringlich unlustig ist, sondern auch voll ausgespielt wird. Oder ein Performance-Video für eine schwedische Synthpop-Band, die an ihren Keyboards stehen und von Cusack und Robbins Farbeimer übergekippt bekommen - kein wirklicher Brüller, aber dafür in voller Länge ausgespielt. Und dann noch ein Dreh eines Heavy-Metal-Videos, wo Tim Robbins mit dem Kamerakran in die Bühnendeko kracht: Eine irgendwie vorhersehbare Pointe, aber dafür - wir ahnen es - als Song voll ausgespielt.
Der Film wird mit mehreren Plotfäden aneinandergehalten, die allesamt aus dem Archiv für antiquierte Handlungsstränge entnommen wurden: Zwei Niemande, die es im Showbusiness schaffen wollen! Plötzlicher Ruhm und Reichtum durch einen dummen Zufall (hier: statt dem Heavy-Metal-Video laufen zur Musik die Schwarz-Weiß-Bilder einer Beerdigung und die gesammelte Musikwelt hält es für einen Geniestreich)! Und, ganz besonders müde: Die beiden geraten zufällig in Besitz eines Videobandes, auf dem ein Präsidentschaftskandidat bei seinen merkwürdigen sexuellen Praktiken zu sehen ist, und werden dann von seinen Bodyguards gejagt. Hallo, nicht einschlafen da hinten! Jetzt kommt doch gleich wieder Musik, voll ausgespielt!
Der Plot mit dem Politiker zeigt schön, wie müde der Humor in diesem Film funktioniert (bzw. das nicht tut): Nicht nur, daß die Story höchstwahrscheinlich schon vor der Einführung von Präsidentschaftswahlen unglaublich altbacken war - auf dem Tape sehen wir dann auch, wie sich der Herr Politiker Weihnachtsbeleuchtung um den nackten Hintern wickelt und sich von verkleideten Frauen züchtigen läßt. Warum kann auf dem Band nicht etwas völlig Unerwartetes sein - Humor entwickelt sich doch immer aus dem Unerwarteten! - und warum will der Film, daß wir über einen albern überzeichneten Fetisch lachen? (Selbst das wirkliche Leben, oft so viel unpointierter als die Fiktion, bietet hier viel reizvolleres Material: Man denke an die Aufzeichnung eines Mikrofontests von Präsident Reagen, der nicht wußte, daß das Band läuft und als Testsprecher jovial erklärte: "Liebe Landsleute, die Sovietunion wurde soeben als ungesetzlich erklärt. Die Bombardierung beginnt in fünf Minuten").
Robbins und Cusack schlagen sich wacker, obwohl Cusack mit zurückgeschleckten Haaren und einem feinen Schnauzer aussieht wie eine Mischung aus Zuhälter und John Waters (der viel schärferen Witz aus der Geschmacklosigkeit fabrizierte). Leider erlaubt es das Drehbuch den beiden nicht, richtige Figuren zu spielen. Zwischendurch gibt es immer mal wieder gute Musik zu hören - zum Beispiel ganz hinten einen Auftritt von Sam Moore und Junior Walker als "The Swanky Modes" - aber freilich rettet das die müde Soße aus lahmen Witzen und harmlosen Albernheiten auch kein bißchen. Anarchischer Humor braucht eben ein Element völliger Freiheit (auch von Handlungsabläufen) und kreativer Unvorhersehbarkeit - nicht eine gewollt auf "Kult" getrimmte Ansammlung von absehbaren Späßchen, die meilenweit an ihrer satirischer Intention vorbeimarschieren.
Übrigens: Diverse Rezensionen im Netz verraten mir, daß eine ganze Reihe von Leuten den Film weitaus amüsanter finden als ich. Schön für sie.