„How can you not get romantic about baseball?“
Was weiss ich über Baseball?
Ich weiss, dass man dafür einen entsprechenden Schläger, einen Helm und so einen eigenartigen, großen Handschuh zum Auffangen benötigt. Und dass der Werfer, wenn der Ball durch die Luft fliegt, wie von der Tarantel gestochen um den Platz flitzen muss.
Ich befürchte, ich bin – vorsichtig ausgedrückt – keine Kapazität auf dem Gebiet.
Aber da diese typisch US-amerikanische Sportart hierzulande auch gar nicht so schrecklich populär ist, gehe ich davon aus, dass ich mit meinem Unwissen nicht allein dastehe.
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In „Moneyball“ befasst sich der „Capote“-Regisseur Bennett Miller mit der wahren Erfolgsgeschichte des
Oakland Athletics-Managers Billy Beane.
Beane wird von einem äußerst charismatischen Brad Pitt verkörpert, der außerdem Flügelunterstützung von Jonah Hill als sein junger Assistent Peter Brand und Philip Seymour Hoffman als Team-Coach Art Howe erhält.
Die wahren Stars des Films sind aber die beiden Drehbuchautoren Steven Zaillian und Aaron Sorkin, die sich hier auf Michael Lewis' Buch „Moneyball: The Art Of Winning An Unfair Game“ stützen.
Zaillian hat sich zuvor unter anderem für die Vorlage zu Steven Spielbergs kraftvollem „Schindlers Liste“ (1993) verantwortlich gezeichnet, und Aaron Sorkin hat zuletzt das Kunststück vollbracht, die Entstehung des Netzwerks
facebook auch für Computer-Laien in eine spannende Erzählsprache zu transferieren.
In eine ähnliche Kerbe wie „
The Social Network“ (2010) schlägt nun auch Millers Arbeit:
„Moneyball“ ist ein fesselndes, dialoglastiges Werk, das uns auf unterhaltsame Weise ein reales Ereignis ohne trockenen Ballast vermittelt.
Im Jahr 2002 gelang den
Oakland A's der Durchbruch, als sie mit zwanzig Spielsiegen in Folge einen neuen
American League-Rekord aufgestellt haben.
Die Methode, die letztlich zum Erfolg geführt hat, soll den Sport für immer verändern.
Doch es ist ein steiniger Weg bis dorthin gewesen.
Zu Beginn lernen wir Billy Beane kennen, wie er mit dem Gesicht zur Wand steht; verzweifelt versucht, sein zerbrochenes Team wieder auf den Weg zu bringen.
Wie gelingt das, wenn einem schlicht das nötige Kleingeld für die richtigen Spieler fehlt?
Die
Oakland A's dienen als eine Art Ersatzteillager für die dicken Fische im Geschäft. Sie bauen hoffnungsvolle Talente auf, die Leute mit den prallen Scheckheften kaufen sie ihnen wieder weg.
Beanes beste Investition besteht nicht etwa aus einem Spieler, sondern aus dem jungen Wirtschafts-Genie und Yale-Absolventen Peter Brand, der durch die Vorstellung eines gänzlich unorthodoxen Konzeptes bei ihm Eindruck hinterlassen hat.
Brands Geheimnis basiert auf den Theorien von Bill James, einem weitgehend unbeachteten Statistiker.
Während die Spieler zuvor aufgrund festgefahrener, teils banaler Kriterien – wir erfahren bei einer Besprechung, dass unter anderem sogar das Aussehen der Freundin eines davon sein kann - ausgesucht worden sind, wird nun die Entscheidung von harten Formeln und Zahlen vorgegeben.
Unter den neuen Bedingungen kommen selbst angeschlagene und ausgemusterte Talente wieder in die engere Wahl, wenn sie mit ihren vorhandenen Fähigkeiten die Löcher im sinkenden Schiff zu stopfen vermögen.
Natürlich stößt die neue Ausrichtung bei den alten Hasen und Fans auf eine gehörige Portion Skepsis.
Ein Team voller Ausschussware – wie soll das gut gehen?
Underdogs haben eine lange Tradition in der Welt des Kinos.
Nicht zuletzt seit Sylvester Stallone als „Rocky“ 1976 bewiesen hat, dass auch die Außenseiter der Gesellschaft ihre große Chance zu nutzen wissen, liebt das Publikum Geschichten über den Aufstieg der Geprügelten.
Aber geht es uns nun in erster Linie darum, zuzusehen, wie der Kampf dann auch gewonnen wird?
Eigentlich geht es uns doch vielmehr darum, zuzusehen, mit wieviel Herzblut sich auf diesen vorbereitet wird. Unerbittlich darauf hingearbeitet wird - der Weg ist das Ziel.
Es geht uns darum, den eisernen Willen der betreffenden Person oder Gruppe zu spüren.
Das inspiriert uns.
In „Moneyball“ ist es Billy Beane, welcher als Profi-Spieler vor seiner Manager-Karriere selbst nicht den Anforderungen seiner Mannschaft gerecht werden konnte, der sich entgegen aller Warnungen für einen frischen Durchzug in der muffigen Team-Umkleide entscheidet - und mit seinem Wagnis Recht behalten soll.
Den Respekt für so etwas erntet man allerdings immer erst im Nachhinein, nach dem Spott.
Während auf dem Feld gespielt wird, tobt hinter den Kulissen ein regelrechter Krieg.
Harscher Streit mit dem unzufriedenen Coach über die neue Aufstellung steht an der Tagesordnung.
Niemand vertraut Beane, aber Beane vertraut Brand. Und er setzt alles auf eine Karte, um nachhaltig etwas zu bewegen.
Er eröffnet so nicht nur sich, sondern einem ganzen Haufen sträflich unterschätzter Talente, neue Möglichkeiten, die wohl außer ihm, Brand und Bill James niemand auf dem Schirm gehabt hätte.
Was interessiert mich jetzt Baseball? Ganz ehrlich, nicht die Bohne!
„Moneyball“ hätte ebensogut als Film über Schach oder Eiskunstlauf für mich funktioniert – wenn das Resultat dann auch ähnlich mitreißend umgesetzt worden wäre.
Mich interessieren die Menschen, die hinter dem Sport stehen, ihr persönliches Drama und ihr Einsatz.
Ich mag die ruhige, sorgfältige Art, mit der Regisseur Miller seine Geschichte ausbreitet.
Ich mag Brad Pitt in seiner Rolle als willensstarker Manager und geschiedener Vater, der keine Angst davor hat, auch harte Entscheidungen gerade heraus zu treffen, und ich mag Jonah Hill als hochintelligenten aber schüchternen Newcomer, der in der stillen Ecke seine große Stunde fast verpasst hätte.
Ich mag, dass „Moneyball“ ein einfacher, positiver Film über greifbare Personen mit dem richtigen Riecher zur richtigen Zeit ist.
Und mir gefällt der epische Soundtrack von Mychael Danna („
Little Miss Sunshine“), der mich dazu animiert, unverzüglich mein Trikot überzustreifen und euphorisch aufs Spielfeld zu stürmen.
Nur, um dann was genau nochmal zu tun...?