Verwöhnte Hollywood- Stars, die vor der Kamera den großen Helden spielen und im Hintergrund mit ihren übertriebenen Allüren und ihrem verweichlichten Getue jeden Filmproduzenten zur Raserei bringen. Das ist das Thema von “Tropic Thunder”, dem wohl turbulentesten Kinospaß der abgelaufenen Sommersaison, den Top- Komiker Ben Stiller in Zusammenarbeit mit Justin Theroux auf die Beine gestellt hat, welcher am Schreiben des Drehbuchs beteiligt war. Stiller, der seit “Zoolander” (2001) keinen eigenen Film mehr gedreht hat, macht sich in dieser Actionkomödie über alles und jeden lustig, baut in sein wüstes Comedy- Szenario sogar Parodien auf Kriegsfilm- Klassiker wie “Platoon” oder “Apocalypse Now” ein. Die Trefferquote seiner Gags ist angemessen hoch, auch wenn die Kluft zwischen wirklich genialen, zum Brüllen komischen Scherzen und solchen, die krass daneben hauen, bisweilen ziemlich groß ist. “Tropic Thunder” will eben viel- und erreicht auch viel- aber eben nicht alles…
Drei abgehalfterte Schauspieler, darunter Actionheld Tugg Speedman (Ben Stiller), Klamauk- Komiker Portnoy (Jack Black) und Oscar- Preisträger und Method Actor Kirk Lazarus (Robert Downey Jr.), wollen in Südostasien einen Kriegsfilm drehen. Da sie aber sogar nicht nach Wunsch der Studiobosse agieren, da sie mit ihren Eskapaden den gesamten Drehplan durcheinander bringen, werden sie kurzerhand in den tiefsten Dschungel geschickt, wo sie vor authentischer Kulisse lern
en sollen, sich zusammenzuraufen. Dort sind überall versteckte Kameras aufgestellt, die die Möchtegern- Stars stets observieren und alles aufzeichnen, was dort so passiert. Leider wird ihr Regisseur bei der Ankunft kurzerhand von einer Granate zerfetzt, was die Schauspieler zunächst für einen eben ziemlich echt aussehenden Spezialeffekt halten. Als sie aber von vietnamesischen Drogengangstern attackiert werden, wird aus Spaß blutiger Ernst…
Dass Ben Stiller ein genialer Komödiant ist, hat er in den letzten Jahren immer wieder unter Beweis gestellt. Legendär sind natürlich seine Auftritte als Darsteller in “Verrückt nach Mary” und “Meine Braut, ihr Vater und ich”, doch auch hinter der Kamera hat Stiller beachtliches Talent. In “Tropic Thunder” versammelt er das Who is Who der zur Zeit in den Medien angesagten Top- Stars- und dreht sie genüsslich durch den parodistischen Fleischwolf. Dabei hätte man von so manch einem Akteur die ihm jeweils zugedachte Rolle wohl kaum erwartet. Oder wer hätte ernsthaft damit gerechnet, dass ein Robert Downey Jr., der erst letztes Jahr sein Negativ- Image durch seinen Superhelden- Part in “Iron Man” wieder repariert hat, plötzlich zum Star einer 100- Millionen- Dollar- Komödie aufsteigt. Im Film lässt er sich seine Haut schwarz pigmentieren, um einen afroamerikanischen Soldaten zu spielen. Was von einigen Kritikern als Rassismus missverstanden wurde, ist in Wirklichkeit ein Seitenhieb auf die teilweise wahrlich absurden Aktionen von so genannten Method Actors, die alles tun, um eine bestimmte Rolle zu bekommen. So hat Downey Jr. wohl den Löwenanteil der Lacher auf seiner Seite. Natürlich sind auch die Leistungen seiner Sidekicks Stiller und Black großartig. Letzt genannter neigt in seiner mehr als skurrilen Rolle als fettleibiger Furzkomiker am deutlichsten zum gepflegten Overacting, welches bei “Tropic Thunder” streckenweise Programm ist.
Aber auch noch weitere Stereotypen des Filmbusiness bekommen hier ihr Fett weg. Der schmierige Manager von Speedman wird von Matthew McConaughey verkörpert, der seinem verhätschelten Klienten sogar den DVD- Recorder als Beweis seines Pflichtbewusstseins in den Dschungel einfliegen lässt. Und als skrupelloser, glatzköpfiger Studioboss ist Tom Cruise wirklich erst beim zweiten Hinsehen als solcher zu erkennen. Herrlich überdreht seine Darbietung des ordinären Rüpels, dem das Wohl der Stars am Allerwertesten vorbeigeht und der nur an die Einspielsummen denkt. Hollywood- Haudegen Nick Nolte gibt sich die Ehre, den im Rollstuhl sitzenden Vietnam- Veteranen zu spielen (“Geboren am 4. Juli” lässt grüßen!), der am Ende als Lügner entlarvt wird. Und Brandon T. Jacksons Pimp- Charakter, der in seinen Videos für gewöhnlich einen Haufen Chicks um sich schart, ist in Wahrheit schwul.
Gelungen sind auch die offensichtlichen Anspielungen auf “Apocalypse Now” und andere populäre Kriegsfilme. Besonders zu Beginn ist hier zumindest Schmunzeln garantiert, wenn Ben Stiller zu theatralisch- pathetischer Musik als alleiniger Held auf den Feldern des Kriegsschauplatzes- von Kugeln durchsiebt- den sterbenden Schwan spielt und in Zeitlupe zu Boden sackt. Hier fühlt man sich sofort an die patriotischen US- Genrestreifen erinnert, die im Gegensatz zu den wirklich bedeutenden Klassikern dieser Filmgattung das Sterben für ihr Land verherrlichen. Abstriche muss man dagegen bei der ausgedehnten Schlussphase machen, die zwar ausgesprochen rasant daherkommt, es aber in ihrem Eifer auch etwas zu weit treibt, so dass nicht jeder Gag zündet und so manche Pointe im Ansatz verpufft. Sowieso dürfte Stillers tiefschwarzer, makabrer Anarcho- Humor nicht jedermanns Geschmack treffen. Der Film ist stellenweise sogar recht gewalttätig und dürfte damit insbesondere Freunde der leichten Popcorn- Unterhaltung abschrecken. Fans der etwas derberen komödiantischen Gangart kommen hingegen voll auf ihre Kosten.
Bei alledem, was “Tropic Thunder” zweifelsohne richtig macht, ist bei einer derart konfusen Handlung, die paradoxe Haken im Fünf- Minuten- Takt schlägt, natürlich vorprogrammiert, dass nicht jeder Gag seinen gewünschten Effekt erzielt. Zwar geht es auf der Leinwand stets drunter und drüber, doch das heißt ja nicht, dass das Gesehene dadurch zwangsläufig goutierbar ist. Alles in allem ist Stillers Brachial- Attacke auf Hollywood und seine Pappenheimer aber auf jeden Fall sympathisch. Denn wen haben diese täglichen Boulevard- Meldungen über die Allüren der Filmstars nicht schon genervt!? Und wer mit dem Kamikaze- Humor des Amerikaners so gar nichts anfangen kann, dem bleiben ja immer noch die optischen Schauwerte, der hörenswerte Soundtrack und die Masse an überraschenden Gastauftritten. Zu Beginn gibt es im Übrigen vier Fake- Trailer zu sehen, die wahrhaftig zum Schießen sind, besonders die Tugg Speedman- Episode und die darin enthaltene Veräppelung von ebenso teuren wie unnötigen Hollywood- Sequels. Wie auch immer: Diese 102 Minuten gehobener Nonsense machen Spaß. Punkt.