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Ungeheuer ohne Gesicht

Ungeheuer ohne Gesicht

Ein Film von Arthur Crabtree

Heute in der „Galerie des Grauens“: der übliche 50er-Jahre Mix aus Horror und Science-Fiction natürlich mit dem großartigen US-amerikanischen Militär, einem Kerl von einem Leading Man sowie dem weiblichen Love Interest, deren Rolle komplett unterentwickelt bleibt und eigentlich theoretisch vollständig gestrichen werden könnte. Und doch unterscheidet sich „Ungeheuer ohne Gesicht“ in einem wichtigen Punkt von den bisher aus dieser Reihe besprochenen Filmen. Vertrieben hat die Chose nämlich diesmal MGM, ein Major Studio mit deutlich größeren finanziellen Ressourcen, so dass man dem Film eine handwerklich bei weitem bessere Inszenierung attestieren kann. Das hat Vor- und auch Nachteile, weshalb der Film auch gerade noch so die fünf Sterne bekommt, obwohl in manchen Belangen ein Streifen wie „Die Nacht der unheimlichen Bestien“ vielleicht einen Tick unterhaltsamer ist.

Seltsames geht vor in einem kleinen, verschlafenen Dorf in Kanada: nicht nur wird die Milchqualität der Kühe immer schlechter, schon bald gibt es erste Todesopfer unter der etwas hinterwäldlerischen Landbevölkerung. Die unerklärlichen Ereignisse scheinen mit der örtlichen Luftwaffenbasis der Amerikaner zusammenzuhängen, die zu allem Überfluss den Flughafen nicht nur erweitern wollen, sondern auch noch mit „Atomstrahlen“ experimentieren. Major Cummings nimmt alsbald die Ermittlungen auf, um
das Vertrauen in der Bevölkerung wieder herzustellen. Denn auch die Amerikaner erleben komische Dinge. So scheint es, dass ihnen jemand oder etwas beständig Energie abzapft. Schon bald gerät der einsiedlerische Professor Walgate in den Fokus des Interesses...

Man merkt also schon: erneut ist ein Armeeangehöriger die Hauptfigur, während die Dorfbewohner nur Statisten sind. Dabei überrascht es dann natürlich auch wenig, dass der Film hierbei erzreaktionär ist und selbstverständlich das amerikanische Militär die Guten sind, die keinerlei Dreck am Stecken haben und vielmehr die Welt vor den bösen Sowjets schützen wollen. Auch die nukleare Bedrohung ist diesmal keine, da die Morde nur in rudimentärem Zusammenhang mit den Atomstrahlen stehen. Diese sind übrigens ein herrlich abgedrehtes Konzept: wenn ich das richtig verstanden habe, sendet die amerikanische Basis diese „Atomstrahlen“ (allein das Wort!) an einen Bomber der über dem Ort kreist. Der Bomber wird dadurch mit Energie versorgt, um damit eine gigantische Radaranlage zu betreiben, die die ganze Sowjetunion überwachen kann (abgesehen davon, dass das Radarbild so wirkt als würde der Bomber genau über dem Nordpol schweben, aber das ist geschenkt). Ich bin zwar nur ein alter Zivildienstleistender, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Idee militärisch geschweige denn physikalisch funktioniert. Auch die irre „Gefahr“ (uh!), dass die Milch der Kühe schlechter wird aufgrund des Fluglärms wird relativiert, da diese sich daran gewöhnen. Man sieht schon: die Helden sitzen beim Militär, die Sorgen der Zivilbevölkerung sind völlig unbegründet!
Ungeheuer ohne GesichtUngeheuer ohne GesichtUngeheuer ohne Gesicht
Neben diesem herrlichen Konzept kann mal dem Film allgemein attestieren, dass das zugrunde liegende Drehbuch – nunja – nicht gerade der Stein der Weisen ist. Wie soll man das möglichst spoilerfrei ausdrücken...das Verhalten der Monster gegen Ende ist totaler Blödsinn, da sie sich selbst sichtbar machen (zu Beginn sind sie unsichtbar), und auch die Lösung des Problems nicht so richtig Sinn ergibt. Daneben gibt es noch Szenen, die eindeutig nur der Streckung der Laufzeit dienen und absolut ins Leere laufen. Hier sei vor allem die Szene auf dem Friedhof genannt: aus völlig unerfindlichen Gründen begibt sich Major Cummings in seiner Fliegeruniform auf einen Friedhof, nur um dort aus ebenso unerfindlichen Gründen von einer anderen Person in einer Gruft eingeschlossen zu werden. Diese Szene bringt dem Film rein gar nichts, ebenso wie ein Hausbesuch von Cummings bei Barbara, die wenigstens etwas zahme Erotik dank Duschszene ausstrahlen darf. Schnuckelig ist dann aber nicht nur die deutsche Synchronisation (Cummings, als er die Autopsieergebnisse erfährt: Sieht aus als wäre ein Kopfvampir am Werk!), sondern auch die Tatsache dass die ganze Angelegenheit eigentlich aus Großbritannien stammt und deshalb britische Schauspieler mit dem britischen Militärgruß grüßen und von amerikanischen Darstellern den amerikanischen Gruß zurückbekommen (was aber einem Wehrdienstverweigerer wie mir nicht ohne Hinweis aufgefallen wäre). Viel größeres Kino ist dann aber das Buch des verehrten Professor Walgate, das den phänomenalen Titel „Sibonetics“ trägt und selbst 50 Jahre später google quasi nur auf diesen Film verweist – da scheint der Verantwortliche für die Requisiten nicht gewusst zu haben, was „Cybernetics“ eigentlich sind.

Was aber dem Film dann den fünften Stern rettet sind vor allem zwei Dinge: die handwerkliche Routine und das Finale. Rein inszenatorisch scheint zwar selten echte Inspiration durch, aber gerade im Vergleich zu anderen Filmen der Zeit (und Reihe) ist das meiste doch sehr ordentlich gelöst. Selbst das Stock Footage wird zwar gerade für die Militärbasis großzügig benutzt, aber gleichzeitig auch sehr sauber in den Film eingefügt, so dass er deutlich teurer und aufwendiger wirkt, als er mit Sicherheit war. Großes Tennis ist dann aber das Finale: unter Beteiligung der Münchner Effektschmiede „Ruppel & Nordhoff“ zaubert der Film einen ganz exquisiten Showdown auf die Bretter, der die Beschlagnahme in Schweden und die vielen Schnitte in England damals fast schon verständlich machen! Handwerklich viel besser umgesetzt als etwa in „Auf U-17 ist die Hölle los“ attackieren da gut gelungene Stop-Motion-Kreaturen unsere Helden, die sich verzweifelt gegen die Belagerung zur Wehr setzen. Kopiertricks wechseln sich mit Puppen ab, und mit Pistolen und einer Axt wird munter vor sich hingesplattert und Hirnmasse an den Wänden verteilt (pun intended). Wirklich toll gemacht! Ebenso genuin creepy ist dann beispielsweise noch das Wiederauftauchen von Gibbons, wie auch der Film allgemein deutlich sorgfältiger inszeniert zu seien scheint, als andere Vertreter des B-Kinos. Natürlich spielt auch hier der britische Anspruch an Realismus und ein anderes Publikum eine Rolle.

Insofern ist „Ungeheuer ohne Gesicht“ im Vergleich zu den bisherigen Einträgen in der „Galerie des Grauens“ also ein zweischneidiges Schwert: einerseits ist der Film rein handwerklich deutlich besser als die meisten anderen, was gerade im sensationellen Klimax zu tollen Effekten führt. Andererseits geht ihm gerade durch die Versiertheit der Inszenierung eine ganz bestimmte Zutat ab, die den Rest so unterhaltsam gemacht hat: der Camp-Faktor ist einfach relativ gering, so dass gerade das Drehbuch ab und an mal deutlich negativ auffällt, wie etwa in der bereits erwähnten Friedhofsepisode.

Trotzdem bekommt der Film sicherlich eine Empfehlung, was nicht zuletzt auch an der phänomenalen DVD aus dem Hause Anolis liegt. Diese ist wieder mit Extras vollgestopft, so finden sich beispielsweise gleich zwei Audiokommentare auf der Scheibe, natürlich auch wieder die Super-8 Fassung sowie ein Interview mit Produzent Richard Gordon und viele weitere Dinge. Grandios!

Eine Rezension von David Kugler
(07. April 2010)
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Daten zum Film
Ungeheuer ohne Gesicht Großbritannien 1958
(Fiend without a Face)
Regie Arthur Crabtree Drehbuch Herbert J. Leder
Produktion Producers Associates Kamera Lionel Banes
Darsteller Marshall Thompson, Kynaston Reeves, Kim Parker, Terry Kilburn
Länge 70:58 FSK 12
Filmmusik Buxton Orr
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