Filmkritiken - von Independent bis Hollywood
 
2008 Filmkritiken | 10468 Personen | 3323 Kommentare  
   
Bitte wählen Sie

Email

Passwort


Passwort vergessen

> Neu anmelden

Auch interessant



Die munteren Sexspiele unserer Nachbarn
von Rudolf Krause




Meist gelesen¹

1. 
Cannibal Holocaust (Nackt und Zerfleischt)  

2. 
Martyrs  

3. 
Auf der Alm da gibt's koa Sünd  

4. 
Troll Hunter  

5. 
Antikörper  

6. 
Das Zeiträtsel  

7. 
Supernatural  

8. 
Harry Potter und der Orden des Phönix  

9. 
Andromeda - Tödlicher Staub aus dem All  

10. 
Midnighters  
¹ gilt für den aktuellen Monat

  FILMSUCHE
  Sie sind hier: Filmkritiken > Armando Iannucci > Kabinett ausser Kontrolle
Kabinett ausser Kontrolle RSS 1.0


Kabinett ausser Kontrolle

Kabinett ausser Kontrolle

Ein Film von Armando Iannucci

„The Thick of it“ von Armando Ianucci ist eine hierzulande völlig unbekannte Comedyreihe aus dem Vereinigten Königreich. Mit mehreren BAFTAs ausgezeichnet persifliert die Serie dem Vernehmen nach die inneren Abläufe der leicht chaotischen, britischen Regierung – mit dem cholerischen Pressesprecher Malcolm Tucker als zentraler Figur. „The West Wing“ meets „Stromberg“ mit einer großen Portion britischen Humors und satirischem Einschlag, und scheinbar überaus erfolgreich. Der vorliegende „Kabinett ausser Kontrolle“ (auch hier wieder vielen Dank an Ascot für die Zusendung einer Rezensions-DVD!) ist dann so etwas wie eine Spielfilmvariante der Serie: erneut ist Tucker eine zentrale Figur, allerdings ist der Film wohl kein Spin-Off oder Sequel im eigentlichen Sinne; auch tauchen andere Figuren in anderen Rollen auf, so dass eine Vorkenntnis der Serie nicht notwendig scheint.

Malcolm Tucker hat ein großes Problem: der inkompetente Minister für internationale Beziehungen, Simon Foster, tritt in ein Fettnäpfchen nach dem anderen und lässt kaum eine Gelegenheit aus, blödsinnige Interviews zu geben. Dies wird vor allem dann problematisch, als eine globale Krise entsteht und die Amerikaner zusammen mit den Briten eine militärische Intervention und Invasion in Betracht ziehen. Foster selbst reist zusammen mit seinem neuen Assistenten Toby nach Amerika, um
dort im „Future Planning Comitee“ - informeller „Kriegskomitee“ - über die Ereignisse zu beraten. Dort kommt es nicht nur zu Spannungen zwischen den USA und den Briten, sondern immer wieder werden interne Vorgänge und Dokumente der internationalen Presse zugespielt. Doch Tucker und sein Team haben nicht nur ein Maulwurfproblem, auch die persönlichen Verwicklungen von Toby und einer amerikanischen Assistentin, sowie die Arroganz des amerikanischen Verteidigungsministers sind bei der ganzen Angelegenheit alles andere als hilfreich...

Schon auf den ersten Blick fällt bei „Kabinett ausser Kontrolle“ natürlich die Optik auf. Der Film ist einerseits absolut nicht so „filmisch“ wie andere Werke, andererseits aber auch nicht „gehobene TV-Optik“ wie etwa „The West Wing“. Vielmehr besitzt Ianuccis Werk einen semi-dokumentarischen Look mit vielen handheld-shots und Zooms – optisch tatsächlich am ehesten mit „Stromberg“ zu vergleichen; ich denke mal, dieser Look wurde aus der zugrundeliegenden TV-Reihe übernommen. Das soll dem Film allerdings nicht zum Nachteil gereichen: mit dem zurückhaltenden und eher subtilen Humor steht der Look ihm gut zu Gesicht und passt somit sehr gut zur Stimmung. Auch die Schauspieler können mit ihrer Natürlichkeit durchaus überzeugen, auch wenn das dauernde und üble Gefluche der Pressesprecher doch etwas aufgesetzt wirkt. Aber auch hier denke ich: das wird wohl ein Element sein, dass aus der Serie übernommen wurde.
Die Figuren werden durch kleine Texteinblendungen mit Namen und Position eingeführt, und hier möchte ich ein besonderes Lob an Ascot für die DVD aussprechen: der Look des Films wird nicht durch brachiale Untertitel gebrochen (wie das oft bei anderen Filmen ist, die ein englisches Bildmaster haben und etwa dann beim Filmtitel einen Untertitel bekommen), sondern fügen sich sehr natürlich in das Bild ein – wunderbar!

Einen ersten dicken Minuspunkt kassiert der Film aber für sein Drehbuch bzw. für seinen Schnitt. Laut der Internet Movie Database war das Script sagenhafte 237 Seiten lang und wurde scheinbar vollständig verfilmt, so dass der erste Filmschnitt unglaubliche 4 ½ Stunden lief! Mit der aktuellen Laufzeit von knapp 100 Minuten merkt man schon: hier wurde viel dran gearbeitet und viele Szenen mussten weichen, um den „Kabinett ausser Kontrolle“ auf eine einigermaßen vernünftige Laufzeit zu bekommen. Diese Kürzung um knapp 3 Stunden merkt man dem Film dann auch leider außerordentlich an. Der Streifen wirkt äußerst fragmentarisch, Zusammenhänge werden nicht immer ganz klar, und so mancher Subplot kommt entweder aus dem Nirgendwo oder verschwindet dort wieder. Auch welche Figur sich wann und warum in Amerika oder England befindet ist nicht immer ganz ersichtlich; und eine wirkliche Einführung der handelnden Personen, die ihre Signifikanz unterstreicht, findet auch nur in Ausnahmefällen statt. Sicherlich: man könnte dies der Pseudo-Dokumentation zurechnen, aber selbst Dokumentationen haben eine stringentere Handlung als der äußerst bruchstückhafte „Kabinett ausser Kontrolle“. Fatalerweise stellt sich dann auch in den 100 Minuten so manches mal Leerlauf ein, gerade auch weil man ja dank des dokumentarischen Ansatzes wenig in den Film einbezogen ist.

Das andere große Problem – oder auch seine Stärke – ist der Humor des Films. Ich sag es einfach mal frei raus: ich fand die ganze Chose über weite Strecken nicht wirklich lustig. Natürlich, die Schauspieler sind größtenteils sehr gut, und man erkennt auch problemlos wo der Witz liegt, nur ist Humor nunmal immer eine sehr subjektive Angelegenheit. Und ich musste nur selten mehr als schmunzeln. Einzig in den wenigen, völlig absurden Situationen, wenn etwa ein hochdekorierter General mit einem Kinderspielzeug Truppenstärken berechnet (wobei hier wieder nicht geklärt wird, wo das genau ist), konnte der Film richtig punkten. Ansonsten plätschert er leider so ziemlich vor sich hin, ohne jemals wirklich zwingend zu wirken und mitreißen zu können. Mit dem Humor von „Stromberg“ kam ich deutlich besser klar, der ja auch eher subtil ist, doch irgendwie wollte „Kabinett ausser Kontrolle“ bei mir nie so richtig zünden. Wie gesagt: das ist höchst subjektiv, doch leider bei einer Komödie auch entscheidend.

Insofern bleibt wenig mehr zu sagen: „In the Loop“ ist im eigentlichen Sinne kein schlechter Film. Der Ansatz gefällt prinzipiell, wirkt aber über die Länge von 100 Minuten etwas ermüdend. Leider verliert der Film einerseits eben durch seinen sehr fragmentarischen Ansatz, andererseits aber auch durch seinen nicht sonderlich lustigen Humor – er macht einfach zu wenig aus einer Prämisse und seinen Möglichkeiten. Ob eine Kenntnis der Serie hilft? Ich weiß es nicht, aber angeblich haben beide ja nicht so viel miteinander zu tun.

Mir hat er also nicht wirklich gefallen. Damit steh ich aber scheinbar – schaut man sich andere Kritiken im Internet an – eher alleine dar, insofern möchte ich von dem Film nicht unbedingt abraten. Aber mehr als drei Sterne kann ich ihm dann leider auch nicht geben.

Eine Rezension von David Kugler
(04. Februar 2011)
    Kabinett ausser Kontrolle bei ebay.de ersteigern


Kommentar schreiben | Einem Freund empfehlen

Daten zum Film
Kabinett ausser Kontrolle Großbritannien 2009
(In the Loop)
Regie Armando Iannucci Drehbuch Jesse Armstrong, Simon Blackwell, Armando Iannucci, Tony Roche
Produktion BBC Films Kamera Jamie Cairney
Darsteller Peter Capaldi, Gina McKee, Tom Hollander, Chris Addison, Mimi Kennedy, David Rasche, James Gandolfini, Steve Coogan
Länge 101:26 FSK 12
Filmmusik Adem Ilhan
Kommentare zu dieser Kritik

Kommentar schreiben | Einem Freund empfehlen

 

Impressum