Abteilung Folterhorror aus Deutschen Landen: Mit dem vorliegenden „Must love Death“ präsentieren uns Ascot Elite und pandastorm pictures (an dieser Stelle wie immer vielen Dank für das Rezensionsexemplar!) den ersten Langfilm von Andreas Schaap, auf dem Cover das riesige rote ab18-Siegel prangend. Regiedebut? Deutscher Splatter? Man könnte schlimmstes befürchten, aber die vielen Auszeichnungen für diese romantische Folterhorrorkomödie sorgen schon beim ersten Anblick für eine gewissen Beruhigung. Ja, ihr habt richtig gelesen.
Romantisch. Folterhorror. Komödie. „Eine romantische Folterhorrorkomödie“ steht klein und dünn unter dem Titel auf dem Cover. Was zum Geier haben wir uns denn da wieder eingebrockt? Kann das wirklich gut gehen?
Der junge New Yorker Norman verdient seinen Lebensunterhalt als kleiner Musiker und steht kurz davor seine erste Single zu veröffentlichen. Nachdem er sich von seiner Freundin getrennt hat und dabei fast vor ihren Augen Selbstmord beging, ändert sich sein Leben komplett: Jenny, die aktuelle Freundin eines Stars aus einer billigen Science-Fiction-Serie, fährt ihn mit ihrem Auto komplett über den Haufen. Aus der zufälligen und rabiaten Begegnung wird alsbald zarte Liebe, doch auch hier hat Norman kein Glück. Er beschließt, endlich Schluss mit seinem Leben zu machen und trifft sich mit Gleichgesinnten in einer Hütte im Wald. Doch seine beiden potentiellen „Mittäter“ wollen nicht ihr eigenes Leben a
ushauchen...
Es sei bereits hier Entwarnung gegeben: „Must love Death“ ist nicht etwa ein weiterer Beitrag der modernen Folterhorrorwelle, die die Videotheken monatlich mit unzähligen weiteren (oft höchstens semiprofessionellen) Schmodderwerken überfluten. Vielmehr kann man dieser deutschen Produktion tatsächlich eine Einzigartigkeit bescheinigen, die sicherlich mal wieder für Abwechslung auf dem dtv-Sektor sorgt. Denn tatsächlich ist „Eine romantische Folterhorrorkomödie“ kein pseudokreativer Marketingspruch sondern beschreibt den Film quasi in adäquater Weise. Auch macht der Film inszenatorisch vieles richtig, was gerade bei der Tatsache eines Erstlingswerks doch in Erstaunen versetzen kann. Nur zeigt sich hier wieder, dass eben echtes Talent jenseits von Wald-und-Wiesen-Splatter zu suchen ist, auch wenn deutsche „Amateure“ das Effektehandwerk beherrschen mögen – einen guten Film macht dies selten aus, doch Regisseur Andreas Schaap hat wirklich Talent, auch wenn „Must love Death“ sicherlich seine Makel hat. Denn schon strukturell hat der Film einen einfachen aber genialen Kniff: indem er den „Folterstrang“ mit dem „Romantikstrang“ immer wieder durch Rückblenden und Parallelmontagen verknüpft, stellt sich einerseits wenig Langeweile im „blutleeren“ Teil ein, andererseits wird der Zuschauer nicht durch minutenlange Folterei erschlagen (minor pun intended).
Nicht falsch verstehen: langweilig ist der romantische Part bei weitem nicht. Es ist absolut vorstellbar, dass dieser Teil als auch eigenständiger Langfilm problemlos funktionieren würde, also ohne den Folterhorror, sondern als reine Liebesromanze. Denn Jenny und Norman sind als Charaktere lebensnah und interessant genug, dazu kommen zwar bekannte, aber nicht umsonst beliebte Elemente solcher Filme. Jenny arbeitet als Kellnerin, ergo gibt es da das Dinner am Eck mit ein paar skurrilen aber liebenswerten Figuren, wie man sie halt aus ähnlichen Werken kennt. Dazu kommt noch eine weitere Stärke: der Soundtrack! Gerade in den klassisch-romantischen Szenen kann der Film mit einem superben Soundtrack begeistern, der die Stimmung ganz grandios untermalt.
Im krassen Gegensatz dazu steht natürlich der Folterpart: in düsteren und deutlich verwackelteren Bildern muss Norman die Folterungen seiner Knechte über sich ergehen lassen. Natürlich kommen ganz Horrorfilmmäßig noch weitere Opfer hinzu, so dass der rote Lebenssaft fließen darf. Da werden Knöchel zermatscht, Leute erschossen, Hälse filetiert – die Freigabe ab 18 geht sicherlich in Ordnung, auch wenn Regisseur Schaap selten auf das Geschehen draufhält. Hart ist die Angelegenheit aber doch ziemlich, man darf sich in wohligem Grauen winden.
Was aber vielleicht am einzigartigsten an dem Film ist, ist dann seine Humorkomponente. Sicherlich, es gibt inzwischen zahlreiche Splatterkomödien, viele davon sind auch lustiger als „Must love Death“, wenn man die Anzahl der potentiellen reinen Lacher betrachtet. Eigentlich hat der Film nämlich wenig offensichtliche Witze oder Pointen; vielmehr zieht er die meiste Komik aus den Charakteren bzw. einigen Absurditäten die damit verbunden sind. So ist Gary, einer der Foltermeister, viel mehr um die Sauberkeit der Hütte besorgt als um die moralische Dimension seiner Taten. Da ist TV-„Star“ Foxx C. Bigelow der mit seinem „Fuckface“ eine wunderbare Punchline hat. Und dann wäre da noch die Unberechenbarkeit, die der Film schon nach kurzer Zeit annimmt. Bald nach Beginn werden nicht nur Genregrenzen aufgelöst, auch die vierte Wand wird irgendwann eingerissen und lässt Killer Sean zum Publikum sprechen und die Rolle eines Moderators in seiner eigenen Show „Folter oder nicht“ einnehmen. Dies führt natürlich bei dem eigentlich die Untaten filmenden Gary für einen verdutzten Gesichtsausdruck und inszenatorisch für ein paar unauffällige aber schöne Kamera- und Schnittspielereien.
Zwar lässt der Film nach dem starken Beginn („Und jetzt in den Arsch!“, oder etwa als sich die gemeinsamen Selbstmörder vorstellen) etwas an Tempo vermissen, doch sobald Gary und Sean endlich ihre wahren Motive zeigen, gewinnt er wieder deutlich an Fahrt. Ebenso kann man ihm natürlich vorwerfen, dass er mit seiner eigentlich Aufteilung der Genres (im chronologischen, nicht erzählerischen Sinne) sich die Einlösung seiner Tagline „Eine romantische Folterhorrorkomödie“ vielleicht etwas einfach macht, andererseits erscheint mir diese Vorgehensweise wie oben bereits erwähnt durchaus notwendig. Dafür ist die audiovisuelle Gestaltung höchst professionell, und auch die vielen Gaststars wie etwa Jörg Buttgereit, Sven Martinek oder Matthias Schweighöfer sorgen für Grinsen.
Bevor ich diese Kritik geschrieben habe, wusste ich tatsächlich nicht ansatzweise, wieviele Sterne der Film nun bekommen soll. In Retrospektive hat er mir nun deutlich besser gefallen als vorher, gerade seine Unberechenbarkeit und Absurdität (die gegen Ende gigantische Züge annehmen) machen ihn so sehenswert. Zwar läuft er nicht immer ganz rund, aber die geschickte Inszenierung und der sympathische Cast reißen so einiges wieder raus. Einerseits identifiziert man sich tatsächlich mal mit den Guten, andererseits sorgen die Bösen für genug Unterhaltung um bei Laune zu halten. Somit 5 Sterne. Tipp!