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von Christian Petzold




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In 3 Tagen bist du tot 2

In 3 Tagen bist du tot 2

Ein Film von Andreas Prochaska

Vor ein paar Jahren beschlossen ein alter Freund und ich, in Ermangelung des nötigen Kleingelds für ein Ticket nach Lissabon, unseren Urlaub im heimischen Österreich zu verbringen. Wir fuhren mit Bus in einen kleinen Ort im Waldviertel und nahmen uns vor einige Tage zu wandern bis wir an der Donau angekommen waren. Am zweiten Tag verknöchelte ich mir mitten im Wald den Fuß. Seit über zwei Stunden hatten wir kein Haus gesehen und Handyverbindung gab es keine. Ich humpelte weiter, bis nach wieder über einer Stunde ein Haus auftauchte. Weit und breit das einzige Haus, doch es war verlassen. Wir haben geschimpft, uns gewundert und am Ende Witze darüber gemacht, aber vorallem haben wir eines gelernt - es gibt in Österreich Gegenden, da ist niemand. Wenn dir da etwas passiert wird dir niemand helfen. Es wird dich keiner finden. Von da an war es nicht mehr weit zu Gruselgeschichten. Wenn dich hier jemand verschleppt dann...

In 3 Tagen bist du tot 2 verpackt, wie schon Teil 1, diese Dinge in einen klassischen Horrorfilm und schmuggelt so die eine oder andere Wahrheit über das Hintertürl der Unterhaltung in die Köpfe der Zuschauer. Teil 1 spielte mit dem Aspekt der sonst so postkartenschönen österreichischen Landschaft und konzentrierte sich im idyllischen Salzkammergut auf dessen dunkle, geheimnisvolle Ecken, seine verlassenen Häuser und die Untiefen des Traunsees und fand dort Grusel und Horror. Jetzt in Teil 2 sind es die schönen, verschneiten
Tiroler Schifahreralpen mit ihren abgelegenen Almen und Tälern, wo irgendwelche Familien für sich leben und Leichen im Keller haben. Zitat und Hinweis auf Horrorfilmklassiker zum einen, Übertragen auf und Einfangen von gewisser österreichischer Wirklichkeit zum anderen. Wenn nämlich der jüngste Sohn der Kofler Familie jetzt im Sequel erklärt: "Wir hier oben halten zam, des könnts euch ihr da unten vielleicht nicht vorstellen." sagt er den Satz, den jeder Städter in diesem Land schon einige Male von Ländlern in Bezug auf Familienbande gehört hat. Und genauso blicken die Stadtbewohner verächtlich auf die Leute vom Land, die "in irgendwelchen Dörfern leben wo jeder mit jedem verwandt ist."
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Auch wenn im ersten Teil gleich zwei Figuren, nämlich Nina (Sabrina Reiter) und Mona (Julia Rosa Stöckl) das Gemetzel überlebt haben, war es nicht ganz so klar, dass es eine Fortsetzung geben würde, wie jetzt alle tun. Nicht nur weil es Österreich ist, wo man sich mit einer Außergewöhnlichkeit gerne einmal begnügt (in diesem Fall einen österreichischen Horrorfilm gedreht zu haben), sondern auch weil Andreas Prochaska im Sequel nicht die alte Suppe aufwärmen und bekannte Slasherklischees bedienen, sondern neue Wege gehen wollte. Doch die Kuh kann und muss gemolken werden und der Titel wird genug Leute ins Kino holen, damit sich die Sache auch auszahlt, auch wenn Titel und Handlung in keinem Zusammenhang mehr stehen und das Etikett nur darauf hinweist, dass die Geschichte der Hauptperson Nina weitererzählt wird. Diese dafür aber stark, konsequent und mutig.

Dass sich der Film nicht an Sequelregeln und Erwartungen des Publikums halten will, zeigt er uns gleich im Vorspann. Da holen nämlich zwei Angler die Leiche der Killerin aus Teil 1 aus dem Wasser - quasi "Die kommt nicht wieder." Von da an konzentriert sich Teil 2 voll und ganz auf die Figur der Nina, die nach dem Horror in Ebensee mit ihrer Familie nach Wien gezogen ist und alle Brücken abgebrochen hat. Mit ihrer Freundin Mona hat sie seitdem nicht einmal mehr telefoniert. Sie arbeitet in einem Plattenladen, hat eine neue beste Freundin mit der sie ins Flex tanzen geht und braucht Tabletten zum Schlafen. Über das Erlebte spricht sie nicht, es wird verdrängt, doch lässt sie nie ganz los, die Bilder verfolgen sie – so weit so klassisch. Als sie dann in der Zeitung liest, dass die Leiche der Killerin aus dem See gefischt wurde, kommt natürlich alles wieder hoch. In dieser Nacht läutet Ninas Telefon – ihre Freundin Mona meldet sich, doch außer einem gepressten "Nina, bitte hilf mir!" bringt sie nichts hervor. Der Ruf der Heldin ist erfolgt, Nina packt ihre Sachen und eilt zurück nach Ebensee. Für diese Einführung braucht der Film kaum 15 Minuten. Nur das Nötigste wird gesagt und gezeigt, ab dann regiert die Aktion.
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In Ebensee stellt sich heraus, dass auch Mona ihre Heimatstadt verlassen hat, offenbar nach Tirol. So landet Nina im verschneiten Bergkaff Fichten und vermutet dort ihre Freundin noch abgeschiedener. Oben auf dem Berg, beim Gasthof Joch der Familie Kofler, mit der keiner im Ort etwas zu tun haben will und vor der sie von allen gewarnt wird. Die seien nicht normal, hätten einen Verrückten in ihrer Familie und gefährlich seien sie obendrein – da sind schon Leute verschwunden da oben! Doch Nina lässt sich nicht abbringen (weil es sonst auch keinen Film gäbe) und landet schnurstracks in den Händen der Familie mit der aus guten Gründen niemand etwas zu tun haben will.

Wie in Teil 1 am Teenie-Slasher, bedient sich auch Teil 2 an einem bestimmten Genre, diesmal dem Survivalhorror a la The Hills Have Eyes - Hügel der blutigen Augen oder Texas Chainsaw Massacre. Wieder nimmt Prochaska die typischen Strukturen, Klischees und Stereotypen als Eck- und Orientierungspunkte, um den Weg dazwischen mit interessanten Details und Abwandlung vom klassischen Ablauf zu füllen.
Er gibt sowohl seiner Heldin als auch den Bösewichten genug psychologische Momente, um ihre Motive offen zu legen und ihre Handlungen nachvollziehbar zu machen. Es ist diese Ernsthaftigkeit seinen Figuren gegenüber, die dem Film vor allem zu Beginn den Touch eines Dramas gibt. Erst ab Ninas Ankunft in Fichten entwickelt sich In drei Tagen bist du tot 2 zu einem Horrorfilm ohne jemals die Charaktere aus den Augen zu verlieren.

Doch natürlich ist es ein Horrorfilm und der Horror regiert. Es sind zum einen einfach diese Details, die diesen Film über eine klassische Fingerübung heben und zum anderen, dass Prochaska genau weiß was er tut. Er zieht die Spannungsschrauben immer weiter und unerbittlicher an, wenn er Nina durch dunkle Wälder und Gänge tappen oder Menschen bei Nacht im Schneetreiben durch den Wald irren lässt und zeigt uns das eine oder andere Bild, das man schwer wieder aus dem Kopf bekommt. Da werden diverse Gesichter zertrümmert, Penisse abgebissen und natürlich fließt viel Blut. Die Splattereffekte setzt er sparsam, aber dafür mit ziemlicher Wucht ein und bezieht den Ekel und das Abstoßende oft aus seiner starken Ausstattung, wie zum Beispiel dem verwahrlosten, grauslichen Berggasthof. Der Sound in dem Kampfsequenzen tut sein übriges, um die Gewalt und den Schmerz spürbar zu machen.
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Hatte Teil 1 noch heitere und sonnige Momente, ist Teil 2 ernster, dunkler, erwachsener und viel härter, sowohl in seiner Gewaltdarstellung, als auch in dem was er seinen Figuren antut. Alles an diesem Film ist unangenehm und von dem permanenten Gefühl des Ausgeliefertsein überschattet. Es ist kalt, eisig und voller Schnee, lange weiß man nicht wer gut und wer böse, wo man sicher und wo man gefährdet ist. Und selbst als sich die Fronten langsam klären steht Nina mitten im Feindesgebiet oben am Berg und kann nicht weg. Ihr bleibt nichts anderes als sich mit allen Kräften zu wehren.

Sabrina Reiter macht ihre Sache als verängstige und dennoch entschlossene Nina super und trägt den Film spielend ganz allein. Ihre Wandlung von der unbedarften jungen Frau, die plötzlich in Situationen kommt, in denen sie sich wehren muss, nimmt man ihre jederzeit ab. Sogar in Martin Loos feschem, sympathischen Landburschen und Herzensbrecher Gust, in dem sich ein brutaler und cholerischer Verrückter verbirgt oder Anna Rots nettem Mädchen von nebenan, das ihren Wert nur an ihrem Freund mißt und alles für ihn tut, kann man interessante Figuren und einen Funken Wahrheit erkennen. Außerdem ist es fein, dass der tolpatschige Polizist Kogler (Andreas Kiendl) aus Teil 1 hier endlich mal für etwas gut ist.

Der "Twist" am Ende mag einige ratlos und viele enttäuscht hinterlassen, doch in Wahrheit hat selten ein Film seine Hauptfigur so demontiert und seine Geschichte in ein so eigenartiges Licht gestellt. Ob das gut oder schlecht ist, weiß jeder für sich selbst am besten, es ist auf alle Fälle mutig. Und mutig ist an Prochaskas "Tot" Reihe bisher sehr, sehr viel.

Eine Rezension von Chris S.
(28. Dezember 2008)
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Daten zum Film
In 3 Tagen bist du tot 2 Österreich 2008
Regie Andreas Prochaska Drehbuch Andreas Prochaska, Agnes Pluch
Produktion Helmut Grasser, Katharina Bogensberger Kamera David Slama
Darsteller Sabrina Reiter, Julia Rosa Stöckl, Anna Rot, Andreas Kiendl, Martin Loos
Länge 108 min. FSK ab 16
Kommentare zu dieser Kritik
Zombie-mower TEAM sagte am 04.01.2009 um 21:19 Uhr

war gestern in der Kinovorstellung und muss sagen, so eine schwere Kost habe ich nicht erwartet.
Für mich hat Regisseur Prochaska ziemlich weit die Grenze des Erträglichen und Moralischen übertreten. Sein Film ist äußerst pessimistisch, ernüchternd, psychotisch und elend brutal.

Dieser Film erinnert mich mit seiner Intensität und Auslotung gesellschaftlich legitmierter oder übersehener Perversionen sehr stark an die Filme des Lars von Trier ("Dogville" insbesondere, oder "Dancer in the Dark").
"In Tagen bist du hin 2" ist in meinen Augen somit viel eher ein Drama und Gesellschaftsstudie, das sich, mit "Texas Chainsaw Massacre" als inhaltliche Inspiration, den gängisten Horrorfilmelementen bedient (und in diesem Punkt leider auch sehr vieler dramaturgisch ausschlachtender Klischees wie der Schrankspiegel-Schock-Effekt oder die Verwirrung mittels wirklichkeitstimulierender Traumsequenzen). Den Drama-Teil mit den sozialkritischen Verweisen auf die Isolation der Provinzler fand ich großartig, die Horrorelemente eher billig und manipulativ. Der extreme Brutalitätspegel (vielleicht die schlimmste auf Film festgehaltene Kastrationsszene mit anschließendem wortwörtlichem Blutbad) empfand ich als unnötig lang und der Story undienlich.

Was mich noch mehr aber störte war die Kameraführung, die fast ausschließlich zwischen den Einstellungen der Halbnahen und Nahen rangierte und damit einen sehr ungewiß und wirr über das Umfeld ließ. Man hat dadurch eigentlich die meiste Zeit keine Ahnung wie die Akteure sich im Raum bewegen, ebenso wirkt die Montage als sehr blickeinschränkend.
Das diente formell vielleicht einem psychologischen Grund, denn die Protagonistin ist innerlich aufgewühlt und verstört (das erklärt die vielen subjektiven Kameraperspektiven), erschwert aber die Rezeption für den Zuschauer erheblich.

Dennoch darf man nicht ungerühmt lassen die Stärken des Films: großartige Kulissen und Locationwahl, authentisch wirkende Dialoge, die von fähigen Schauspielern umgesetzt wurden und die beklemmende, die Psyche aufweichende Spannung.

HOSTEL 2 und Prochaskas Erstling bezeichne ich als Unterhaltung, IN DREI TAGEN BIST DU TOT 2 ist ein Höllentrip in nur zu vertraute menschliche Abgründe!
Tubepower sagte am 05.03.2010 um 08:11 Uhr

Der Kritik von C. Schwarz kann ich mich nur anschliessen.Ich habe ihn im Januar zusammen mit der Neuverfilmung von "It`s alive" ausgeliehen.Da wären wir beim Thema FSK.It´s alive ab 18,In 3 Tagen bist Du tot 2 ab 16......It`s alive völliger Bullshit,das Original wesentlich besser.Prochaskas Film,genial,gewalttätig,beklemmend.Die Location des Berggasthofes könnte nicht besser gewählt sein,und wer jemals im tiefsten Burgenland,oder in den 60-ern im Bayer. Wald eine Dorfwirtschaft mit längeren Haaren betrat weiss wovon ich rede.Bier tinken,vielleicht was essen wenn man die Blicke und die unverhohlene Abneigung spürte,Maul halten und raus.Der Film wird auf ewig einer meiner Favoriten sein.

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