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Das Kabinett des Professor Bondi

Das Kabinett des Professor Bondi

Ein Film von André De Toth

Schon lange bevor Marie Tussaud mit ihrer permanenten Ausstellung den Grundstein für ein bis heute erfolgreiches Unternehmen der Massenzerstreuung legte, fanden Wachsskulpturen als zumeist lebensgroße Abbilder berühmter Persönlichkeiten aus Geschichte und Gegenwart ein interessiertes Publikum. Irgendwann begannen sie sich aus ihrem rein künstlerischen Dasein herauszulösen und entwickelten sich zu einem wichtigen Teil der populären Unterhaltungskultur. Mit besonders aufsehenerregenden Darstellungen von Unglücks- oder Verbrechensszenarien in den sogenannten Gruselkabinetten hielten das Spiel mit der Angst und die Lust am eigenen Erschauern Einzug in die Welt der Wachskabinette. Eine möglichst lebensechte Gestaltung der Skulpturen nahm dabei die Schlüsselrolle ein, verwandelte sie doch eine Wachsfiguren-Ausstellung in einen dreidimensionalen Guckkasten, in welchem der Betrachter sich weltbekannten Personen ohne Scheu nähern und Geschehnisse vergangener Epochen haut- und realitätsnah miterleben konnte. Mit der Verbreitung des Mediums Film war es schließlich nur noch eine Frage der Zeit, bis dieses besondere Erleben in bewegten Bildern umgesetzt wurde.

André De Toths "DAS KABINETT DES PROFESSOR BONDI", im Original unter dem Titel "HOUSE OF WAX" veröffentlicht, ist dabei nicht der erste Versuch, eine Geschichte um den Mythos zu spinnen. Immerhin handelt es sich hierbei um ein Remake des 1933 erschienenen "Das Geheimnis des Wachsfigurenkab
inetts" ("Mystery of the Wax Museum"), in welchem Lionel Atwill und Fay Wray sich unter der Regie von Michael Curtiz mit wächsernen Zeitgenossen auseinander setzten. Die Neuverfilmung ist bereits einigen Änderungen im Vergleich zum Original unterlegen, hält sich jedoch deutlich enger an seinen Vorgänger als es 2005 die Splatter-Variante von Jaume Collet-Serra tun sollte. Im Mittelpunkt der 1953er-Version steht der Bildhauer Henry Jarrod (im deutschen Sprachraum umbenannt in Henry Bondi), dessen Werk wunderbar eben jenen Wandel von Kunst in grausige Unterhaltung verkörpert, der einen kleinen, nichtsdestotrotz bedeutsamen Teil der Geschichte von Figurenkabinetten ausmachte. Aber der Reihe nach:

Henry Jarrod (Vincent Price) ist ein Künstler, der sich dem Erschaffen und Bewahren von Schönheit verschrieben hat. Seine aus Wachs geformten Skulpturen gestaltet er voller Hingabe und mit viel Liebe zum Detail. Dies geht so weit, dass seine außerordentlich lebensecht erscheinenden Figuren für ihn tatsächlich lebendig sind. Er spricht sogar mit ihnen, und es scheint, dass er die Gesellschaft seiner Schöpfungen derer menschlicher Zeitgenossen jederzeit vorziehen würde. Daher betrübt ihn die Tatsache, dass die Besucher seinem kleinen Wachsmuseum fern bleiben, eher wenig. Ganz im Gegensatz zu seinem Partner und Geldgeber Matthew Burke (Roy Roberts), welcher einen Plan ersinnt, der den geschäftlichen Misserfolg zumindest teilweise ausgleichen soll. Kurzerhand setzt er die Ausstellung in Brand, um das Geld der Versicherung kassieren zu können. Jarrod versucht noch entsetzt, ihn daran zu hindern und seine geliebten Figuren zu retten, doch im verzweifelten Kampf der beiden Männer ist er der Unterlegene.
Der Künstler überlebt das Unglück und eröffnet einige Zeit darauf unter einem Pseudonym ein neues Kabinett. Da er sich nun mehr dem Geschmack des nach von Sensationsgier getriebenem Publikum anpasst, ist seine Ausstellung dieses Mal sehr viel erfolgreicher. Jedoch ahnen seine Bewunderer nicht, dass Jarrods Schöpfungen in den unheimlichen Szenen vergangener Tragödien ein düsteres Geheimnis verbergen...

So unheimlich dieses Geheimnis aber auch sein mag, seine Verpackung lässt etwas zu wünschen übrig. Die Verhüllung durch das Story-Konstrukt ist etwas durchlässig, sodass sich die Figuren im Laufe der Geschichte mal mehr, mal weniger erfolgreich um diverse Logiklöcher herummanövrieren müssen. Und zum Stopfen eben dieser bräuchte man zeitweise schon eher einen Tank voller Zement an Stelle eines Kessels mit Wachs. Gleichzeitig könnte man so auch eine Mauer hochziehen und den Blick auf die teils doch recht vorhersehbaren Wendungen in der Handlung verbauen. Leider muss der Film jedoch ohne ein solches Hilfsmittel auskommen, da das Drehbuch nur wenig Bemühungen zeigt, den Verlauf der Geschichte überraschend und undurchschaubar zu gestalten. Immerhin kann man so aber eine gewisse Vorfreude genießen und darauf gespannt sein, wie das bereits Offensichtliche letztlich umgesetzt werden wird.

Wenn aber Momente des Unerwarteten ausbleiben, was macht diesen Film dann zu einem Klassiker? Nun, die Antwort auf diese Frage ist wohl genauso vorhersehbar und wenig überraschend wie die Wendungen der Geschichte. Denn abgesehen von der angesprochenen grausigen Anziehungskraft des Wachsfigurenkabinetts und der darum gesponnenen Erzählung ist der Erfolg des Films und seine bis heute anhaltende Popularität in erster Linie wohl seinem Hauptdarsteller zu verdanken. "DAS KABINETT DES PROFESSOR BONDI" ist eben vor allem eines: ein beeindruckender Price-Film. Und es ist kein Wunder, dass dieser so hervorsticht, ist Henry Jarrod doch die einzig wirklich interessante und sich weiterentwickelte Figur in einer Reihe entweder sehr farblos oder in einem besonderen Fall extrem überspitzt gestalteter Charaktere. Diese guten Voraussetzungen weiß der Meister dann auch fabelhaft zu nutzen. Vincent Price formt nicht nur das Wachs zu kunstvollen Skulpturen und haucht ihnen mit seiner Fingerfertigkeit fast tatsächliches Leben ein, er formt auch den Film an sich und macht ihn mit der ihm eigenen Intensität zu einem persönlichen Triumph.

Man darf wohl guten Gewissens annehmen, dass der Gruselfaktor bei der Uraufführung des Filmes höher war, als es im 21. Jahrhundert der Fall ist. Zumal der Streifen als einer der frühen Vertreter der 3D-Manie, welche das Kino in den 50er Jahren im Angesicht der wachsenden Bedrohung durch die Verbreitung des Fernsehens erfasste, technische Spielereien präsentierte, die vom modernen Standpunkt aus deutlich weniger spektakulär wirken. Dennoch kommt beim Ansehen des Films heute noch keine Langeweile auf, denn auch dem gegenwärtigen Zuschauer bleibt die drückende Atmosphäre nicht verborgen, die sich des Nachts in den Gassen der Stadt, im unheimlichen Dunkel des Kabinetts nach Ausstellungsschluss und im Zwielicht von Jarrods Werkstatt einstellt. Dank dieser Tatsache, der interessanten Grundidee und dem gelungenen Einsatz des Hauptdarstellers ist "DAS KABINETT DES PROFESSOR BONDI" daher auch heute noch empfehlenswerte Unterhaltung.


Chill Skills

Gruselfaktor: 4 (zwar nicht umwerfend unheimlich, hat aber seine Momente)
Splatter-Anteil: 1 (die Geschichte kommt ohne Blutvergießen aus)
Rätsel-Bonus: 6 (spannender Zwischen-Zeitvertreib: welche Figuren sind tatsächlich aus Wachs, welche sind nur sehr disziplinierte Statisten?)


Eine Rezension von Nicole Goldstein
(17. Oktober 2009)
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Daten zum Film
Das Kabinett des Professor Bondi USA 1953
(House of Wax)
Regie André De Toth Drehbuch Crane Wilbur Story Charles S. Belden
Produktion Bryan Foy, Joe Dreier (Warner Bros. Pictures / Bryan Foy Productions) Kamera Bert Glennon, J. Peverell Marley, Robert Burks (uncredited)
Darsteller Vincent Price, Phyllis Kirk, Paul Picerni, Frank Lovejoy, Carolyn Jones, Paul Cavanagh, Roy Roberts, Charles Bronson, Angela Clarke, Nedrick Young, Dabbs Greer
Länge ca. 85 Min. FSK 16
Filmmusik David Buttolph
Remake von "Das Geheimnis des Wachsfigurenkabinetts" [1933]
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