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Salami Aleikum

Salami Aleikum

Ein Film von Ali Samadi Ahadi

Der schüchterne Iraner Mohsen (Navid Akhavan) arbeitet widerwillig in der Kölner Metzgerei seines Vaters, wobei er es nicht fertig bringt, selbst ein Tier zu schlachten. Für seinen Vater (Michael Niavarani) ist Mohsen eine Enttäuschung, macht der Sprössling in seinen Augen doch nichts richtig - und hat sich als beruhigende Freizeitbeschäftigung ausgerechnet das reichlich unmännliche Hobby Stricken ausgesucht. Seit Jahren strickt Mohsen am Schal seines Lebens, in den er Motive einarbeitet, die zum jeweiligen autiobiografischen Abschnitt passen. Als sein Vater einen Schwächeanfall erleidet und in Zukunft kürzer treten muss, entscheidet sich Mohsen dafür, die Metzgerei zu übernehmen und startet sogleich zu einem ersten Geschäft auf eigene Faust nach Polen. Die dort gekauften Schafe sind schmächtig und werden von Mohsen mühevoll über die Grenze gelotst, doch aufgrund einer Autopanne sitzt der Iraner mitten im (fiktiven) Provinznest Oberniederwalde fest. Dort lernt er die ehemalige Kugelstoßerin Ana (Anna Böger) kennen und verliebt sich in die unkonventionelle Frau. Deren Vater (Wolfgang Stumph) ist der örtliche Wirt und steht dem Fremdling eher skeptisch gegenüber - bis ein Missverständnis dafür sorgt, das Mohsen für einen reichen Industriellen gehalten und somit zur Hoffnung für den lang ersehnten Aufschwung des Dorfes wird...

Nachdem Regisseur Ali Samadi Ahadi mit LOST CHILDREN, einem bedrückend-aufrüttelnden Dokumentarfilm über Kinderso
ldaten in Uganda, viel Lob einheimsen konnte, legt er mit SALAMI ALEIKUM nicht nur seinen ersten Spielfilm vor sondern überrascht mit einer luftig-lockeren Sommerkomödie. Die Wurzeln Ahadis im dokumentarischen Bereich lassen sich höchstens erahnen angesichts der wilden Collage unterschiedlichster Stilmittel aus verschiedenen kinematografischen Kulturen. Unvermittelte Musical-Einschübe Bollywoodscher Prägung geben sich mit wild montierten Animationen die Klinke in die Hand und vereinen die trockene Lakonie (guter) deutscher Komödien mit Ausgelassenheit des orientalischen Kinos, das bekanntlich keine Einschränkungen kennt, was die Vermischung heterogener Genremuster betrifft. In der ersten Hälfte meint es SALAMI ALEIKUM noch zu gut mit der Einbindung möglichst facettenreicher Computer-Tricks, die für sich genommen hervorragend umgesetzt sind, teilweise aber doch etwas bemüht in die fortlaufende Handlung gepresst werden. Das weniger oft mehr sein kann begreift der Film aber schließlich rechtzeitig und zügelt seine visuellen Kabinettstückchen.

Weiterhin wird SALAMI ALEIKUM begleitet von einem oft redundanten, nur selten witzigen Off-Kommentar, den man sich hätte sparen können und dessen Auflösung kaum den gewünschten Effekt erzielt. Abgesehen davon bietet Ahadi aber dank seines pointenreichen Drehbuchs und der exzellenten Typ-Besetzung erstklassige Unterhaltung, wie sie in der deutschen Komödienlandschaft leider nur sehr selten anzutreffen ist. Der multikulturelle Hintergrund wirkt gerade so schön, weil er vom urdeutschen Oberniederwalde (allein der herrlich-bescheuerte Name verdient gesonderte Erwähnung) so trefflich kontrastiert wird und zudem Mohsen so überhaupt nicht dem Klischee vom jungen Araber entspricht. Ganz zu schweigen von seinem Hobby und seiner mangelnden Durchsetzungsfähigkeit bei der Damenwelt. Demzufolge geht er auch seine Romanze mit Ana sehr behutsam an - in den Szenen leiser, unausgesprochener Romantik zwischen Mohsen und Ana schwingt sich der Film zu seinen besten Momenten auf, auch wenn das Aufeinandertreffen der beiden Elternpaare wirklich urkomisch geraten ist. Im ersten Drittel noch eher schwerfällig, findet der Film plötzlich eine gelassene Ausgewogenheit und ich hatte nicht mehr das Gefühl, das mir SALAMI ALEIKUM noch etwas beweisen will. Ab dem Zeitpunkt, an dem die Situation in Fahrt kommt und ein Verwechslungsspiel beginnt, findet Ahadi das Selbstvertrauen, das eine gute Komödie benötigt. Und letztlich ist ihm ungeachtet der Startschwierigkeiten genau so eine gelungen.

Einen enormen Anteil am Gelingen des Films trägt das glänzend aufgelegte Ensemble, das bin in die kleinsten Nebenrollen toll besetzt ist und mit Navíd Akhavan einen glaubwürdigen Hauptdarsteller aufweisen kann, der auch seine Fähigkeiten als Sänger (unter Exil-Iranern ist Akhavan international bekannt) ausspielt. Mohsen wird durch ihn zu einer lebendigen Figur, die mehr ist, als die bloße Verzerrung kultureller Klischees. Gleiches gilt für Anna Böger, die durch ihre leicht stämmige Statur und den gedankenverlorenen Blick als Love Interest gänzlich gegen den Strich besetzt ist. Die Geschichte ihrer Ana liest sich bizarr und ebenfalls leicht stereotyp: als Kugelstoßerin war sie eine große Hoffnung für die zerfallende DDR, weshalb man mit Hormonbehandlungen ihr Wachstum beeinflusst hat. Wäre Ahadis Liebe zu seinen Protagonisten nicht so groß, würde eine solch skurrile Story wohl kaum funktionieren (im Sinne von berühren) - das ihm diese Gradwanderung gelingt, lässt Großes von ihm hoffen. Abschließend bleibt zu sagen, das die ältere Generation die meisten lauten Lacher für sich verbuchen konnte. Michael Niavarani und Wolfgang Stumph sind eindeutig die heimlichen Stars des Films, ihre wechselhafte Beziehung geradezu urkomisch.

Eine Rezension von Marco Siedelmann
(24. März 2010)
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Daten zum Film
Salami Aleikum Deutschland 2009
(Salami Aleikum)
Regie Ali Samadi Ahadi Drehbuch Ali Samadi Ahadi, Arne Nolting
Produktion Oliver Stoltz, Jan Krüger Kamera Bernhard Jasper
Darsteller Navíd Akhavan, Anna Böger, Michael Niavarani, Wolfgang Stumph
Länge 99 Minuten FSK ohne Alterbeschränkung
Filmmusik Ali N. Askin
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