Da sich die versnobte Reiche-Vater-Tochter Melanie Daniels (Tippi Hedren) in den Rechtsanwalt Mitch Brenner (Rod Taylor) verschaut hat, folgt sie ihm in seine Heimatstadt Bodega Bay. Doch es soll nicht lange dauern da wird Melanie von einer Seemöwe attackiert. Es folgen weitere Angriffe, die immer aggressiver werden und die ersten Todesopfer fordern. Zusammen mit Mitchs Mutter Lydia (Jessica Tandy) und deren Tochter Cathy (Veronica Cartwright) verschanzen sich Mitch und Melanie im Haus der Familie, um dort der Invasion der mordgierigen Vögel zu entgehen.
Die Einführung der Charaktere Melanie, die einen kecken und schelmischen Auftritt hat, und Mitch, der sich zunächst gegenüber der frechen Melanie etwas boshaft verhält, hat noch viel Humor und beginnt wie ein zweitklassiger Liebesfilm. Die scheinbare Landidylle von Bodega Bay und die sich anbahnende Romanze der beiden Protagonisten wirken schon fast etwas zu schön.
Der Spannungsaufbau erfolgt dabei langsam, um dann immer intensiver zu werden. So ist bereits der nervöse Vogelschwarm in San Francisco ein böses Omen und verheißt nicht Gutes. Ab dem ersten Angriff der Seemöwe auf Melanie steigern sich Intensität, Gewalt und Aggressivität der folgenden Vogelattacken zunehmend.
Nach jedem Angriff folgt jedoch eine Pause, in welcher das Tempo des Films wieder gedrosselt, und die Anspannung der Ruhe vor dem Sturm auf die Spitze getrieben wird. Besonders gut kommt dies zur Geltung, wenn
Melanie vor der Schule auf Annie Hayworth wartet, und sich hinter ihr immer mehr Vögel auf dem Klettergerüst niederlassen.
Spätestens ab dem Großangriff auf den gesamten Ort relativiert sich auch die oben beschriebene Landidylle. Dies zeigt sich in jener Szene, in der eine hysterische Mutter in der Bar Melanie beschuldigt, sie sei an allem Schuld und habe das Unheil zu verantworten. Der Mob hat schnell seine Schuldige gefunden, und die Menschen zeigen auch in dieser Bedrohungssituation von Außen wenig Zusammenhalt.
Der Schauplatz wird nach der Anfangssequenz in San Francisco nicht mehr gewechselt, was die klaustrophobische und beklemmende Atmosphäre noch einmal unterstreicht. Lediglich die beunruhigenden Meldungen aus dem Radio, die berichten, dass auch in anderen Städten die Großoffensive der Vögel begonnen hat, weisen darauf hin, dass es auch außerhalb Bodega Bays noch eine Welt gibt.
Das Ende ist wiederum beunruhigend ruhig und offen. Wenn die vier das Haus verlassen und im Auto davon fahren scheint die ganze Welt von den Vögeln erobert worden zu sein, und der Zuseher weiß, dass der allerletzte Angriff, der den Untergang der Menschheit zur Folge haben wird, noch bevorsteht.
Die waren Stars des Films bleiben natürlich die Vögel, ich halte Hitchcock aber zu Gute, dass er seine Haupt- und Nebencharaktere ernst nimmt und sie sehr vielschichtig zeichnet. So bieten uns die Protagonisten mit ihren (oft belanglos erscheinenden) Ängsten, Wünschen, Sehnsüchten und Hoffnungen hervorragende Identifikationsfiguren, mit welchen wir bis zum hoffnungslosen Ende mitfiebern können. Die Dialoge sind alles andere als flach und besonders Tippi Hedren, Jessica Tandy und Suzanne Pleshette spielen so hervorragend, dass oftmals alleine ihre Mimik und das was sie nicht sagen Bände sprechen. Interessant sind auch die Beziehungskonstellationen der drei Frauen. Während es zwischen Marion und Annie vor rivalisierender Spannung und Eifersucht geradezu knistert, entwickelt sich zwischen Mitch’s Mutter Lydia, die ihren Sohn zunächst nicht mit einer anderen Frau teilen will und große Angst hat alleine gelassen zu werden, und Marion im Laufe des Plots eine herzliche Zuneigung.
Den Film einem Genre zuzuordnen fällt in der Tat schwer. Er geht auf alle Fälle weit über belanglosen Tierhorror hinaus und hat viele Züge eines klassischen Dramas. Hitchcock zeigt dabei in den einzelnen Szenen viel Liebe zum Detail, und erweist wieder einmal seine Qualitäten als Regisseur. Besonders auffallend sind extrem lange Szenen ohne einen einzigen Schnitt, wie z. B. das Telefongespräch Lydias und der gleichzeitige Dialog zwischen Mitch und Melanie.
Das Unheimlichste an „Die Vögel“ ist die Ohnmächtigkeit des Menschen gegenüber der unbezähmbaren Natur. Normalerweise ist der Mensch es gewohnt die absolute Kontrolle zu haben, die er hier jedoch verliert. Der Mensch, der den Vögeln zahlenmäßig bei weitem unterlegen ist (siehe den beunruhigenden Vortrag der Ornithologin), erfährt nun die eigene Hilflosigkeit, wenn die Vögel zum Angriff starten. Der Grund dieses Verhaltens wird nie erklärt, Hitchcock selbst interpretierte die Angriffe jedoch nicht als Rache am Menschen.
Im Trailer des Films weist der Regisseur auf das Verhältnis zwischen Vogel und Mensch hin. Normalerweise nimmt letzterer den Vogel gefangen, domestiziert, füttert, tötet, oder verzehrt ihn. Im Film wird der Spieß umgedreht: hier sind die Menschen in ihren Telefonzellen, Autos oder Häusern eingesperrt und werden von Vögeln verzehrt (zumindest deren Augen).
Interessant ist sicherlich, dass die Attacke nicht durch Raubvögel, sondern lediglich durch harmlose und friedliche Vertreter der Spezies erfolgt. Hitchcock ist es perfekt gelungen etwas ganz alltägliches wie eine Möwe herzunehmen und daraus ein Monstrum zu schaffen.
Diese Idee ist nicht neu. Zwar gelten einerseits viele Vogelarten als Symbole der Liebe, der Natur oder des Lebens (siehe die Taube in der Bibel, die Noah den ersten blühenden Zweig bringt und damit verkündet, dass nach der Sintflut auf der Erde wieder Leben möglich ist), andererseits sind aber vor allem Krähen und Raben, die im Film auch vorkommen, in der europäischen Folklore Unheilsbringer, Todesboten oder schlechte Omen (man denke nur an „Der Rabe“ von Edgar Allan Poe).
Dieser Klassiker ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein spannender Film nicht auf eine Überdosis von Spezialeffekten angewiesen ist. Die Vogeleffekte wirken auch heute noch gut, und die markanten und penetranten elektronischen Schreie der wild gewordenen Vögel fahren einem immer wieder durch Mark und Bein und entfalten durch eine nicht vorhandene Filmmusik eine noch größere Wirkung. Auch das permanente Flattern der Vögel, die versuchen in das Haus einzudringen in welchem sich die Überlebenden verschanzen, zerrt gewaltig an den Nerven.