Während die ganze Welt dem Start der sechsten Staffel „Game of Thrones“ entgegenfiebert und sich nach einer Antwort dahingehend verzehrt, ob Jon Snow denn nun wirklich das Zeitliche segnen musste, hat sich Jamie-Lannister-Darsteller Nikolaj Coster-Waldau („
Headhunters“) eine Auszeit vom Trubel rundum die
High-Fantasy-Opera genommen und sich mit „Gods of Egypt“ in das antike Ägypten abgesetzt. Wenn man anschließend mit der Information in Berührung gerät, dass Coster-Waldau hier in der Rolle des Horus, dem Gott des Lichts, in Erscheinung tritt, fächern sich jedoch unweigerlich einige Irritationen auf: Ein attraktiver Däne, der einer ägyptischen Gottheit sein Gesicht leiht? Wer hat sich diesen Nonsense denn ausgedacht? Kaum verwunderlich, dass auch „Gods of Egypt“ aufgrund seiner Besetzungsliste Gegenstand (gar nicht mal so aktueller) Rassismus-Debatten geworden ist, in denen Hollywood vorgeworfen wird, kulturelle Identitäten außerhalb der Vereinigten Staaten zu gentrifizieren und dementsprechend jedwede Ethnizität zu verleugnen, deren Provenienz keine kaukasische ist.
Öl ins Feuer hiesiger Diskussionen gießt natürlich auch der Umstand, dass Horus figuraler Kontrapunkt, der niederträchtige Wüstengott Set, ausgerechnet vom bärbeißigen Schotten Gerard Butler („
London Has Fallen“) dargestellt wird. Unpa
ssender wäre vermutlich nur noch Rupert Grint gewesen. Natürlich basiert der Gedanke hinter dem namhaften Ensemble auf einem kommerziellen Kalkül, mit entsprechender Star-Power, so jedenfalls fällt das Echo der (markt-)wirtschaftliche Evaluation aus, lässt sich schneller Profit erzielen. Im Falle von „Gods of Egypt“ allerdings ging dieser Schuss nach hinten los – Genugtuung für all diejenigen, die die Traumfabrik nicht länger in den kategorischen Händen weißer Schauspieler wissen möchten. Sehen wir aber einmal von den Kontroversen ab, die „Gods of Egypt“ seit jeher (vor-)belasteten, so hat man doch mit Alex Proyas („The Crow – Die Krähe“) einen Regisseur gewinnen können, der vor allem dafür bekannt wie beliebt geworden ist, ein stimmungsträchtiges Gespür für das Fabulieren zu besitzen.
Die Realität liegt ihm nicht; ein exzentrisches Maß an Phantastik darf indes aufleben, wenn Proyas das inszenatorische Zepter in den talentierten Händen hält. Dass man dem australischen Filmemacher, der zudem über ägyptischen Wurzeln verfügt, ein gelungeneres Comeback nach seinem inzwischen sieben Jahre zurückliegenden „
Knowing“ gewünscht hätte, wird vor allem in den spärlich gesäten Augenblick deutlich, wenn sich „Gods of Egypt“ angenehmerweise von seinem stur-konventionellen Narrativ abnabelt und Proyas Leidenschaft für das hypertrophe Überzeichnen im güldenen Schimmer zur Geltung kommt. Das altägyptische Götterpersonal entzieht sich in seiner Zeichnung jedenfalls nicht grundsätzlich jedweder ironischen Prägung – und wenn so manch megalomanisches (Schoß-)Getier durch den ewigen Wüstensand drischt, findet man sich in einem Edel-Trash-Monument wieder, dem ein gewisser Dödelcharme nicht abzuschreiben ist. Tragisch ist nur, dass dieser 140-Millionen-Dollar schweren Produktion der Mut abgeht (oder entrissen wurde), unentwegt dem Überschwang zu frönen.
Inhaltlich nämlich ist „Gods of Egypt“ ermüdend gestrig. Es geht um Ehre, um Liebe, um Bestimmung. Die Topoi des Blockbuster-Status-Quo werden pflichtschuldig durchventiliert und Horus darf eine rühmenswerte Allianz mit dem temperamentvollen Langfinger Bek (Brenton Thwaites, „
Maleficent - Die dunkle Fee“) formieren, um die Gut-und-Böse-Weichen noch prägnanter in den Vordergrund zu treiben: Denn Teil der Tyrannei des Set ist es schließlich, die Menschheit zu unterwerfen und am langen Arm verrecken zu lassen. Leise flackert sie dennoch immer wieder auf, die Faszination am quietschbunten Scheitern; die herzige Verneigung, abseits des Karneval-Resterampen-Klimas, vor den urig-eskapistischen Sandalen-Epen, für die noch ein Ray Harryhausen zur Tat geschritten ist. Aber „Gods of Egypt“ ist, um die Erwartungen sicherheitshalber weitergehend zu dämpfen, kein „Sinbads siebente Reise“ und auch kein „Herkules“, sondern bestenfalls ein kruder Cocktail aus Roland Emmerichs „Stargate“ und Andrew Stantons „
John Carter - Zwischen zwei Welten“. Warnung genug also.
Cover & Szenenbilder: © 2016 Summit Entertainment