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von Daniel Stamm




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Liebe im Raumschiff Venus

Liebe im Raumschiff Venus

Ein Film von Al Adamson

Lasst Fanfaren erklingen! Hisst die Flaggen! Köpft die Sektflaschen! Es ist dies die eintausendste Rezension auf der Seite Mann beißt Film, was wir an dieser Stelle mit dem Jubiläum einer Tausend-Jahres-Feier gleichsetzen wollen: Es muß ausgiebigst & entfesselt zelebriert werden. Und das tun wir doch idealerweise nicht mit irgendeinem schnöden Schundfilm, sondern mit einem völlig unglaublichen, schwungvoll-behämmerten Schundfilm! Wie erfreulich, daß passend dazu das Rezensionsexemplar des Films LIEBE IM RAUMSCHIFF VENUS parat liegt, den man gesehen haben muß, um ihn zu glauben - was eventuell nicht gleichzusetzen ist mit der Aussage, daß man ihn gesehen haben muß.

Der deutsche Titel ist freilich wieder im Delirium eines unterbezahlten Übersetzers entstanden: Der Film spielt auf der Erde, und ein Raumschiff mit dem Namen "Venus" kommt nicht vor. Es kommt ein Raumschiff vor, aber das nur für ungefähr fünf Sekunden. Viel passender ist der Originaltitel CINDERELLA 2000, aber das auch nicht hundertprozentig, spielt diese Softsex-Disco-Science-Fiction-Musical-Komödien-Trash-Version der Aschenputtel-Geschichte doch eigentlich im Jahr 2046. Aber das macht natürlich fast wenig, wenn tanzende Roboter und wegen unerlaubtem Geschlechtsverkehr kleingeschrumpfte Menschen zu bestaunen sind.

Inspiriert wurde die bizarre Sause wohl vom Erfolg der
Musical-Sex-Version von ALICE IM WUNDERLAND, die Bill Osco (zuvor Pornofilmer und Produzent des Erotik-SF-Klamauks FLESH GORDON) 1976 losließ. Warum also nicht auch eine andere bekannte Geschichte mit ein wenig Sex und Musik und Humor aufpeppen? Al Adamson produzierte und führte Regie, und seine Vita deutet - man stelle sich zu den kommenden Worten ein Augenzwinkern vor - auf eine Vorliebe zum billigen Trivialkino hin. Will heißen: Trashregisseur macht Trashfilm.

Liebe im Raumschiff VenusLiebe im Raumschiff VenusLiebe im Raumschiff Venus
In der gezeigten Zukunft herrscht ein "Großer Bruder" (Tusch!) über die Menschheit, und wegen der hohen Geburtenrate (und, man sollte es nicht verschweigen, eigener Impotenz) hat er jegliche Formen von Sex verboten. Zu Beginn sehen wir ein junges Pärchen, die nackt nebeneinander liegen und sich dem Verbotenen widmen - oder vielmehr widmen wollen, weil sie ja dank des Verbots gar nicht genau wissen, was sie da tun sollen. Schwupps, schon werden die beiden von Roscoe dem Roboter geschnappt, der (zusammen mit diesem und diesem Gesellen hier) einen Platz in der Top 3 der albernsten Filmroboter auf Jahre hinweg gesichert hat: Roscoe ist ein Mann in einem blau-silbern leuchtenden Anzug mit einer undurchsichtigen Glaskugel oben drauf, und er hampelt mit rudernden Armen durch das Set und stottert dabei beständig "Nicht erlaubter Geschlechtsverkehr". Und so werden wir Zeugen, wie die beiden armen Gesetzesübertreter für sechs Monate auf Barbiepuppengröße geschrumpft werden.

Derweil lernen wir Cindy kennen, die zusammen mit ihrer bösen Stiefmutter und ihren beiden Stiefschwestern lebt. Genau: Das kennt man schon. Cindy muß dauernd putzen, während sich die beiden Schwestern mit diversen dahergelaufenen Männern vergnügen (ohne von Roscoe erwischt zu werden). Die Mutter hält sich strenger an das Gesetz, was ihr aber sichtlich nicht gut tut: Sie klammert sich sehnsüchtig an längliche Gegenstände im Haushalt und wird dann wegen akuter "Geilheit" ins Krankenhaus gebracht ("So einen schlimmen Fall haben wir noch nie gesehen", sagen dort die Pfleger).

Und vergessen wir mal nicht Tom Prince, die rechte Hand des Großen Bruders! Toms Aufgabe ist es, für die Fortpflanzung der menschlichen Rasse zu sorgen, weswegen er vom Oberhäuptling Frauen als "sexuelle Tagesration" zugeordnet wird. Leider ist diese Tätigkeit videoüberwacht, und als Tom seinen Job mit kreativen Stellungen ein wenig interessanter gestalten will, wird er vom großen Bruder sogleich ermahnt: Nur die Missionarsstellung ist legal! "Kann ich wenigstens ein wenig Musik haben?", fragt Tom, und der Große Bruder gibt nach. Während sich die Frau gähnend und nägelfeilend besteigen läßt, ertönt eine Mischung aus Synthpop und Zirkusmusik aus den Lautsprechern.

Zum Glück erscheint eine männliche Zauberfee, die Cindy mit der Mission betraut, die Liebe wieder unter das Erdenvolk zu bringen. Der Große Bruder gibt nämlich einen "unkontrollierten Ball", zu dem per Zufall ausgesuchte gewöhnliche Menschen aus dem Volk hingehen und sich amüsieren dürfen ("Das ist richtig demokratisch", zeigt sich Tom begeistert, aber der Große Bruder verzieht angesichts des Wortes nur angewidert das Gesicht). Dort kann Cindy dann erst Tom und dann den Großen Bruder selbst davon überzeugen, daß die Liebe nicht verboten werden sollte - aber erst, nachdem Tom Cindy aus den Augen verloren hat und sich dann mit Erlaubnis seines Vorgesetzten durch verschiedene Frauen durchschlafen muß, um seine Angebetete wiederfinden zu können.

Liebe im Raumschiff VenusLiebe im Raumschiff VenusLiebe im Raumschiff Venus
Um Mißverständnisse aus dem Weg zu räumen: Natürlich ist der Film gewollt albern. Die US-Fassung läßt sich Zeit für einige Musical-Einlagen, während die europäische (und hier vorliegende) Fassung diese streicht (Roscoe darf immerhin noch zu instrumentalem Discofunk mit ein paar anderen Robotern durch die Kommandozentrale tanzen) und dafür mehr Sexszenen bietet - zum Beispiel eine, bei der sich Schneewittchen mit sechs Zwergen vergnügt (der siebte Zwerg ist derweil in die Bibliothek gegangen, um sich fortzubilden). Alles natürlich ganz unschuldiger Softsex.

Daß das Staatsoberhaupt in der Geschichte Sexualität verbieten möchte (und aber selber ein geheimes Kämmerlein voll mit Pornomagazinen und Nacktbildern hat), darf übrigens gerne als Seitenhieb auf die Reaktionen innerhalb Amerikas auf den Pornoboom der Siebziger verstanden werden: Während die Menschen in Millionenscharen ins Kino strömten, um sich dort, ähem, Naturfilme anzusehen, versuchte die Obrigkeit immer wieder, selbiges zu unterbinden, und ging mit teils haarsträubenden Maßnahmen gegen die aufkeimende Pornobranche vor (Regisseur Howard Ziehm wurde beispielsweise wegen "conspiracy to commit oral sex" angeklagt, mit einer möglichen Strafe von bis zu 15 Jahren).

Aber vergessen wir mal die ernsthaften Zeitkontext-Betrachtungen: LIEBE IM RAUMSCHIFF VENUS ist hemmungslos albern. Und was für eine kunterbunte Klamaukfahrt das ist! Überall gibt es völlig grauenhafte Kostüme (Schwiegermama zum Beispiel trägt alles sehr knapp, aber mit einer gigantischen rosa Schleife vor der Oberweite), knallige Farben, behämmerte Dialoge, noch beknacktere Witze, hilflose Schauspieler, Pappsets, billige Spezialeffekte, und funky piepsende Synthmusik. In der Tat: Man muß es gesehen haben, um es zu glauben. Ob man es denn sehen muß, kann sich jeder selbst aussuchen, weswegen wir eine salomonische Wertung von 3 Sternen vergeben - da das Erlebnis entweder augenöffnend oder schmerzhaft sein kann. Vielleicht auch beides.

Die Raketen verglühen langsam auf dem Asphalt. Die zweite Ära von Mann beißt Film wurde eingeleitet. Auf die nächsten tausend Jahre!

Eine Rezension von Christian Genzel
(15. Februar 2009)
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Daten zum Film
Liebe im Raumschiff Venus USA 1977
(Cinderella 2000)
Regie Al Adamson Drehbuch Bud Donnelly
Produktion Monarex Kamera Louis Horvath
Darsteller Catharine Erhardt, Jay B. Larson, Vaughn Armstrong, Erwin Fuller, Rena Harmon, Bhuri Cowans
Länge 71 FSK keine Jugendfreigabe
Filmmusik Sparky Sugarman
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