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von Siggi Götz




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Dinner for One

Dinner for One

Ein Film von Heinz Dunkhase

Unglaublich, doch schon wieder neigt sich ein Jahr dem Ende entgegen. Die Nachbarskinder versuchen bereits in aller Früh’, das neue Jahr böllerverstärkt zu begrüßen (und ihr Taschengeld im wahrsten Sinne des Wortes zu verpulvern), während mancher einen flüchtigen Blick auf den noch glimmenden Zigarettenstummel in der Hand wirft und spontan beschließt, dass ein guter Vorsatz auch ruhig noch ein weiteres Jahr warten kann. In ein paar Stunden wird die nötige Disziplin sowieso mitsamt von unzähligen Raketen – stellvertretend für Abermillionen an Euros – in den Himmel geschossen (oder zumindest auf die Garage des Nachbarn drei Häuser weiter), so dass der Wetterfrosch für morgen schon einmal vorsorglich dichten Nebel prognostiziert.


Manche Dinge ändern sich – abgesehen von der fortschreitenden Jahreszahl – einfach nie an Silvester. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass sich ein 18-minütiger Sketch, der hauptsächlich in englischer Sprache abgehalten wird, hierzulande zum fortwährenden Dauerbrenner im Silvester-Fernsehprogramm entwickeln würde, während er in England immer noch fast gänzlich unbekannt ist? Dabei kann besagtes Stück nach einer Idee von Lauri Wylie bereits auf eine langjährige Bühnenpräsenz zurückblicken. Doch erst 14 Jahre nach seiner offiziellen Uraufführung im Londoner Theater Duke of Yorks (1948) sollte es dem Sketch vergönnt sein, auch außerhalb der englischen Theaterszene sein Publikum zu
finden. Als nämlich der große Entertainer Peter Frankenfeld 1962 in Blackpool auf ihn aufmerksam wurde und sich kurzerhand entschloss, Wylies amüsante Nummernrevue im Rahmen der Live-Sendung Guten Abend, Peter Frankenfeld aufzuführen, wurde unbewusst ein Kult geboren, der sich bis heute ungebrochener Beliebtheit erfreut. „DINNER FOR ONE“ ist – soviel kann gesagt werden – schlicht ein zeitloses Humor-Juwel, das einfach nicht zu altern gedenkt und dem englischen (leider viel zu früh verstorbenen) Komiker Freddie Frinton bereits zu Lebzeiten ein Denkmal setzte. Jedes Jahr aufs Neue – The same procedure as every year.

„I now declare this bazaar open.“


Die Geschichte ist dabei so einfach wie genial und dementsprechend schnell zusammengefasst: Die resolute Miss Sophie (May Warden) feiert ihren nunmehr 90. Geburtstag und lädt dazu ihre vier engsten Freunde ein. Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom sind jedoch in gewisser Weise unabkömmlich, was dem Umstand geschuldet ist, dass sie bereits vor etlichen Jahren das Zeitliche gesegnet haben. So liegt es wie in den Jahren zuvor am (zunächst) würdevollen Butler James (Freddie Frinton), in die unterschiedlichen Rollen zu schlüpfen. Doch etliche Gläser alkoholischen Fusels und widerspenstige Bodentiger lassen bald nicht nur James, sondern zunehmend die gesamte Zeremonie langsam aber sicher aus dem Ruder laufen…


Und man mag nicht glauben, was in einer knappen Viertelstunde alles passieren kann. Die von Heinz Dunkhase inszenierte, etwas andere Geburtstagsfeier schildert gekonnt das Ausmaß einer fixen Idee mit allen damit einhergehenden Pannen und Peinlichkeiten. Wenn Tigerfelle zu tückischen Stolperfallen mutieren, Blumenvasen kurzerhand als Glas zweckentfremdet werden – „Ooh, I'll kill that cat!“ – und das Einschenken zu einer koordinationstechnisch äußerst heiklen Angelegenheit verkommt, siegt wieder einmal die Schadenfreude vor einem zutiefst menschlichen Gefühl des Bedauerns. Das, was Butler James all die Jahre über sich ergehen lassen muss, spricht dabei in deutlich überzeichneter Form gewissermaßen jenen unter uns aus der Seele, denen der Trubel kurz vor dem Einläuten des neuen Jahres etwas zu viel geworden ist. Zumindest für 18 Minuten kann sich dank eines Sketches nun wirklich jeder entspannt zurücklehnen und herzhaft lachen. Auch wenn man das Drehbuch mittlerweile auswendig herunterbeten kann.


Denn Abnutzungserscheinungen lassen sich bei „DINNER FOR ONE“, der am meisten wiederholten Sendung im deutschen Fernsehen, beim besten Willen nicht ausmachen. Freddie Frinton und May Warden haben sichtlich Spaß während des amüsanten Treibens und können sich charmanterweise selbst den ein oder anderen Grinser nicht verkneifen. Dies ist einfach nur ehrlich und vor allem in heutigen Comedy-Zeiten fast nicht mehr vorzustellen. Frintons sichtliche Spielfreude überträgt sich gekonnt über den Fernseher auf die unzähligen Zuschauer und findet in der allerletzten Einstellung – „I’ll do my very best.“ – ihren unumstößlichen Höhepunkt. Es verbleibt in unserer Phantasie, was hiermit gemeint ist. Die Wahrheit kennen wir, wenn wir ehrlich sind, doch ohnehin schon längst…
Alles zusammen lässt Miss Sophies 90. Geburtstag kurz und knapp zu einem wahnsinnig charmanten, komischen (und auch albernen) Stück Fernsehgeschichte werden, das sich schon längst seinen rechtmäßigen Platz neben Klassikern wie Ekel Alfreds Silvesterpunsch gesichert hat.


Spätestens nach diesen 18 Minuten mag sich nun auch die geneigte Leserschaft entspannt zurücklehnen, die restliche Zeit bis Neujahr mit dem Fassen von guten Vorsätzen verbringen und zusammen mit Freunden und Familie das alte Jahr verabschieden. Der Autor dieser Zeilen nimmt sich hiervon nicht aus, ganz im Gegenteil. In dem Sinne:


Ein frohes neues Jahr voller Glück, Erfolg und Gesundheit!




Eine Rezension von Stefan Rackow
(29. Dezember 2009)
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Daten zum Film
Dinner for One Deutschland 1963
(Dinner for One / AT: Der 90. Geburtstag)
Regie Heinz Dunkhase Drehbuch Lauri Wylie
Produktion Norddeutscher Rundfunk / Schweizer Fernsehen Kamera Frank A. Banuscher
Darsteller Freddie Frinton, May Warden
Länge 18 Minuten FSK ohne Altersbeschränkung
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